Warum sich in Deutschland, anders als etwa in Österreich oder Frankreich, keine ernstzunehmende Opposition am rechten Rand formiert, lautete 2014 eine mir häufig gestellte Frage. Das ist obsolet. In diesem Jahr wird die Frage im Mittelpunkt stehen: Wie stark wird diese rechte Opposition? Und wie sehr wird sie die Parteienlandschaft beeinflussen? Die AfD biedert sich schon offen an. Die bayerische CSU fordert schnellere Asylverfahren, rigorose Abschiebungen. Natürlich auch als Reaktion auf "PEGIDA“. Klingt wie ein heimtückisches Virus. Verbreitet sich auch besonders gut je eisiger das soziale Klima. Vor allem Dresden ist betroffen. Zu DDR-Zeiten "Tal der Ahnungslosen“ genannt, weil dort das Westfernsehen nicht zu empfangen war. Aber allzu sehr will man das Fenster zur Welt weiterhin nicht öffnen. "Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“ - dafür gehen regelmäßig viele Tausende auf die Straße. Darunter Neonazis aber auch unbescholtene Bürger. Gegen die Islamisierung Dresdens. Ausgerechnet! Wo es in Sachsen im Vergleich nur wenige Zuwanderer gibt. Der Ausländeranteil liegt bei 2,2 Prozent. Nach eigenen Aussagen wehrt PEGIDA in Dresden den Anfängen islamischer Kriminalität. Abgesehen davon, dass dabei völlig unzulässig Islam mit islamistischem Extremismus gleichgesetzt wird - gegen Kriminelle in den eigenen Reihen hat man nichts auszusetzen. Der PEGIDA-Gründer ist wegen Drogenhandel und Körperverletzung vorbestraft. Von diesen Widersprüchen lassen sich die Pegidianer nicht aufhalten. Sie fokussieren sich auf einen Sündenbock: Den gefährlichen Fremden. Je unbekannter dieser ist, desto besser funktioniert die Stimmungsmache, siehe Dresden. Leider sind die abscheulichen Terrortaten von Paris nun Öl im Schwelbrand. Und der ist für Europa viel gefährlicher, als es die unbekannten Fremden jemals sein könnten.
Die Autorin ist Korrespondentin der ARD in Wien
