Der schale Geschmack der Freiheit

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Sollte es einen filmemachenden Nachfahren von Bert Brecht geben, dann heißt er Ken Loach. Einmal mehr legt der Altmeister der Sozialkritik in seinem neuen Film „It’s a Free World“ eine Wunde offen, an der nicht nur die Gesellschaft Britanniens leidet: Angie, blond, straight, alleinerziehende Mutter, ist in einer Leiharbeiter-Rekrutierungsfirma beschäftigt. Als sie von ihrem Chef belästigt wird, schmeißt sie den Job hin und gründet mit Freundin Rose ihre eigene Firma – illegal für Illegale, die jeden Penny bitter nötig haben.

Angie beginnt als Mutter Teresa für Arbeitsmigranten und wird im Laufe des Films aber selber zur modernen Sklavenhalterin: Als sie merkt, wie leicht man mit der Not der Illegalen Geld machen kann, tut sie es auch – und gerät in die Mühle zwischen der Mafia der Arbeitsvermittler und dem Zorn der Rechtlosen, die sie um den kargen Lohn gebracht hat.

Zeitdiagnose: verstörend, aber dringend notwendig

Es ist der nüchterne Blick auf diese brisante Facette der Gesellschaft, mit dem Ken Loach und Drehbuchautor Paul Laverty ihr Publikum behelligen. Eine verstörende Zeitdiagnose, die aber gleichermaßen dringend notwendig scheint. Dass eine Gute – Angie – jenseits der Moral landet, gehört eben auch zu den Erfahrungen, die das Leben bereithält.

Für die Entdeckung von Kierston Wareing in der Rolle der Angie gebührt Ken Loach Anerkennung. Mit der britischen Schauspielerin wird weiterhin zu rechnen sein. Auch Juliet Ellis, die Angies Partnerin (und moralisches Gewissen) Rose spielt, ist eine gute Wahl. Wie das – überschaubare – Ensemble an sich in beinahe allen Charakteren glänzt.

Ja, es ist eine freie Welt, die Ken Loach meisterhaft zeichnet. Dass sich dies hier auf die Freiheit von Skrupeln bezieht, sollte dennoch niemanden überraschen.

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