Die Demütigungen der Vergangenheit

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Seit seiner Oscar-prämierten Rolle als Diktator in "Der letzte König von Schottland“ (2006) gilt Forest Whitaker als Chamäleon unter Hollywoods Charakterdarstellern. In Jerôme Sallés Thriller "Zulu“ ist er ein Polizist, der die Demütigungen der Vergangenheit nicht mehr erträgt - ein krasser Gegensatz zu dem stillen Mann, den er davor in Lee Daniels’"Der Butler“ gespielt hat.

Die Furche: Ein französischer Regisseur, ein südafrikanischer Polizeithriller - was war es, was Sie an "Zulu“ gereizt hat?

Forest Whitaker: Ein Aspekt waren sicherlich die Probleme im Post-Apartheid-Südafrika. Aber für mich ist auch die Rolle sehr spannend, die Verdrängungstaktik dieses Mannes, zu verstehen, was es bedeutet, wenn man die Grenzen von Vergebung erreicht hat. Regisseur Jerôme Sallé sagt, "Zulu“ sei ein Film über Vergebung und Rache. Aber ich bin nicht sicher, ob das, was ich im Film tue, wirklich mit Rache zu tun hat. Sicherlich unterdrückt dieser Mann viel Schmerz, den Tod seines Vaters während der Apartheid, die eigenen Verletzungen. Aber die Gewalt am Ende ist auch die Reaktion auf eine unmittelbare Bedrohung.

Die Furche: Wie geläufig war Ihnen die Geschichte Südafrikas vor Drehbeginn?

Whitaker: Sehr, ich habe jahrelang bei Nelson Mandelas humanitärer Organisation 46664 mitgemacht, und für "Artists for A New South Africa“ gearbeitet, ich kannte also viele der Dramen dieses Landes. Aber um die alltäglichen Probleme der Leute besser zu verstehen, war ich an drehfreien Tagen in den Townships unterwegs. Ich habe erfahren, wie die Leute dort damit umgehen, wenn jemand Verbrechen gegenüber der Gemeinschaft begangen hat, dort hat sich schon während der Apartheid eine eigene Form der Justiz entwickelt. Und ich habe nicht nur die Opferperspektive kennen gelernt, sondern auch mit vielen Gangmitgliedern gesprochen, mit Leuten, die im Gefängnis waren. Ich kenne jetzt die spezifischen Probleme von Townships wie Langa oder Kayelitsha. Manches davon kommt auch in "Zulu“ vor.

Die Furche: Sie sind ein unglaublich flexibler Schauspieler, der sich nie in ein Rollenfach drängen ließ. Wie ist Ihnen das gelungen?

Whitaker: Mich interessieren nur Jobs, bei denen ich auch etwas Neues lerne. Ich bin heute an einem Punkt, an dem ich für unterschiedlichste Rollen angesprochen werde, allein die letzten fünf Rollen hätten nicht gegensätzlicher sein können: Der Butler der US-Präsidenten in "The Butler“, ein frustrierter Polizist in "Auge um Auge“, ein singender Reverend in dem Musical "Black Nativity“, ein Ex-Sträfling in New Mexico in "Two Men in Town“ - manchmal sehe ich einen Film, den ich vor einer Weile gemacht habe, und denk mir, "Oh wirklich, das hab ich gemacht?“ Jeder Filmemacher, der mich anspricht, hält mich perfekt für genau seine Rolle, und zugleich sind die Rollen enorm vielfältig. Ich empfinde das als großes Glück.

Die Furche: Sie arbeiteten auch als Produzent, etwa bei "Nächster Halt: Fruitvale Station“, der am 23. Mai ins Kino kommt.

Whitaker: Ich finde es schön, wenn ich die Gelegenheit habe, anderen bei ihren Projekten weiterzuhelfen. Und hier bin ich speziell stolz darauf: Der junge Regisseur Ryan Coogler ist eine ganz besondere Stimme, und "Fruitvale Station“ ist ein sehr wichtiger Film, nicht nur als sein Debüt, sondern für die ganze Welt. Denn überall gibt es junge Männer, die aufgrund ihrer Hautfarbe erschossen werden, und es ist kein Zufall dass das passiert. Deswegen bin ich sehr glücklich, dass dieser Film so positiv angenommen wird, und dass ich dabei helfen durfte.

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