Die Straßenkinder von Verona

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Schwarze T-Shirts, auf denen in weißer Schrift zu lesen steht, wie die Figuren heißen oder welche Funktion sie haben; die Zuordnung zu den Geschlechtern der Montagues und Capulets trifft der Theatergast. Shakespeares "Romeo und Julia" mit dem Tonfall Berliner Straßenkinder hatte am Landestheater Salzburg Premiere. Regie führte Intendant Carl Philip von Maldeghem.

Von Maldeghem hat das große Liebesdrama "Romeo und Julia" neu übersetzt, aufgeraut um all das, was Schlegel in seiner Übertragung wohlpoliert versteckt formuliert hat. Nun hat man in aller Derbheit und Direktheit den Text, wie ihn Shakespeare zu Papier gebracht hat. Es scheint sich um ein Experiment zu handeln. Es war ein grobes Stechen und Töten in der sogenannten guten alten Zeit, damals, als Florett und Degen Differenzen klärten. Heute sind es Klappmesser und Dolche. Wer verliert, ist, heute wie damals, tot, der Familienclan zur Rache herausgefordert. Die Liebenden sterben, damals wie heute, an Gift und durch eigene Hand.

Die Themen sind brisant, heute zumal, da jüngst bei einer Messerstecherei in einem Salzburger Park ein Mann ums Leben kam. Etwas von archaischer Blutrache ist ebenso dabei wie die religiöse Weitherzigkeit Bruder Lorenzos und die Nachsicht des Fürsten Escalus (Christoph Wieschke in beiden Rollen) und die Unversöhnlichkeit der beiden gräflichen Geschlechter. Um diesen Dauerhass zu beenden, so die Moral, müssen Romeo und Julia sterben - gewissermaßen ein antikes Schicksalsdrama.

Neue Sicht auf die Geschichte

Die Szene ist rasant aufgemischt; statt Fechtkampf gibt es Messerstechereien, die Liebenden gehen direkter aufeinander zu, der Balkon ist das Oben und Unten einer Mauer aus Stoffstreifen (Ausstattung: Stefan Mayer). Um die gar nicht so keusch-prüde Julia (wie früher gespielt) ist Nikola Rudle überzeugend bemüht, Tim Oberließen verleiht dem Romeo zaudernd-zerrissene Züge. Seine Gefährten Benvolio und Mercutio sind Hanno Waldner und Gregor Weisgerber. Die Eltern Capulet geben Marcus Bluhm und Julienne Pfeil, Vater Montagu Walter Sachers und Clemens Ansorg den für die Hochzeit mit Julia vorgesehenen Schwiegersohn Paris. Marco Dott zeigt einen hasserfüllten Tybalt, Sofie Gross Julias Amme Angelika grotesk überzeichnend und damit die Lachnummer in der Tragödie. Die Sicht auf die Geschichte als eine mögliche von heute wird junge Leute anziehen, um zu sehen, ob es so ist, wie sie ihre eigenen Probleme leben und lösen.

Romeo und Julia

Salzburger Landestheater

20., 21., 22. Okt.

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