Die verrückte Zielgruppe

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Insbesondere die elektronischen Mediendinosaurier Hörfunk und Fernsehen pflegen seit zwei Dekaden die sogenannte werberelevante Zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen. An eine ökonomisch ebenso interessante Generation 50plus wollen die Agenturen erst langsam glauben. Marktmacht schlägt Argumentation.

Am Höhepunkt dieses Kults der ersten Lebenshälfte dienten mehr als neun Zehntel aller Werbeausgaben zur Eroberung dieses Alterssektors. Je offensichtlicher die Gesellschaft vergreist, desto deutlicher opfert sie ihre Authentizität dem Jugendkult. Trends setzen angeblich nur die Jungen, der Rest hechelt ihnen vermeintlich kritiklos hinterher.

Doch nicht das klischeehaft älteste Medium hat den höchsten Seniorenanteil: Nur 43 Prozent der täglich 5,3 Millionen Zeitungsleser sind über 49. Aber jeder Zweite der 4,3 Millionen Fern-Seher gehört zu 50+ (zum Vergleich: Radio 41%, Internet 21%). Ausgerechnet die Television, Ursprung des 14-49-Wahns, hat die geringste Publikumsquote in diesem Segment.

Das gilt hierzulande wie andernorts. Aber überall dominiert die lukrative Schnapsidee eines Österreichers sämtliche Etats, der seinen Einfall längst als willkürlich enttarnt hat: Helmut Thoma, einst Chef von RTL, beflügelte mit der Devise 14-49 den Privatsender. Doch der ist nun selbst in die Jahre gekommen und will plötzlich die werberelevante Zielgruppe auf 20-59 verlagern.

Prompt rücken alle nach, die jahrzehntelang kein Argument dafür zuließen. Österreichs Media-Agenturen empfinden die Neudefinition von „sehr vernünftig“ bis „extrem sinnvoll“. Einer dieser Einschaltungsriesen fügt allerdings hinzu, dass er für jede Marke seiner Kunden eine eigene Zielgruppe entwirft. Dem Vernehmen nach lag sie bisher im Bereich 14-49 und zielt künftig auf den Sektor 20-59. So viel Individualismus muss schon sein.

* Der Autor ist Medienberater und Politikanalyst

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