Ein beeindruckendes Klangerlebnis

Werbung
Werbung
Werbung

Das Landestheater Linz zeigt mit „Albert Herring“ eine Comic Opera in drei Akten von Benjamin Britten. Eine wahrhafte Bilderbuchinszenierung des Engländers Walter Sutcliffe – darstellerisch, gesanglich und musikalisch aufs Beste gelungen, mit viel Witz und englischem Humor.

In den Linzer Kammerspielen ist derzeit nicht nur eine musikalisch, gesanglich und darstellerisch aufs Beste gelungene Produktion mit viel Witz und englischem Humor zu erleben, sondern auch als szenische Überraschung eine Einheitsbühne in der antiquierten Ästhetik um 1900. Ort der Handlung ist das fiktive Städtchen Loxford in East Suffolk. Zentrum der Geschichte, die Brittens Librettist Eric Crozier frei nach der Novelle „Le Rosier de Madame Husson“ („Der Tugendpreis“) von Guy de Maupassant für Britten geschrieben hat, ist der Gemüseladen von Mrs. Herring, in dem ihr folgsamer Sohn Albert (Matthäus Schmidlechner) als ihr Gehilfe arbeitet.

Im Einklang mit der Zeit

Dieser Laden breitet sich über die ganze Bühne aus und lässt den Blick frei durch die hohen Fenster auf das gegenüberliegende Haus mit den Aufschriften BUTCHERING, BOOTS & SHOES schweifen. Wer meint, das sei doch antiquiert, liegt richtig, denn genau das ist gemeint. Bühne und Kostüme stehen im Einklang mit der Zeit des Geschehens. Auch war die Regie um präziseste Personenführung bemüht.

Dazu je 13 ausgezeichnete Instrumentalsolisten des Bruckner Orchesters Linz im Graben und 13 Singschauspieler auf der Bühne, die unter dem einfühlsamen Dirigat von Ingo Ingensand souverän ihre schwierigen Partien wie auch die vielfältig gestalteten Vokalensembles meistern. Ein beeindruckendes Klangerlebnis! Britten wartet aber auch mit einer Reihe diverser Formen, Stillagen und ironisierender Anspielungen im Orchestersatz auf. Schließlich spielen auch parodistische und satirische Elemente eine Rolle.

Die stattliche Lady Billows (Karen Robertson, rollendeckend komisch als herrische, aber wohlmeinende ältere Dame) ist um die ihrer Meinung nach sinkende Tugendhaftigkeit in Loxford besorgt. Umso mehr, als just in diesem Jahr kein Mädchen im Städtchen würdig wäre, den von ihr jährlich für eine „Maikönigin“ ausgelobten „Tugendpreis“, mit dem auch ein Preisgeld verbunden ist, zu gewinnen. Ihre Haushälterin Florence Pike (sehr streng: Larissa Schmidt) hatte die vom nunmehr ratlosen Komitee vorgeschlagenen jungen Damen akribisch überprüft.

Was tun? „Polizeichef“ Florian Spiess – er kann mit seiner Rolle offensichtlich ebenso wenig anfangen wie „Pfarrer“ Franz Binder oder der gut singende, aber zu jugendliche Bürgermeister Yuranny H. Gómez – weiß immerhin einen Ausweg, der auch akzeptiert wird: Man wählt den von seiner Mutter (überzeugend als possessive Glucke: Christa Ratzenböck, ein schöner Mezzo) lebensfremd erzogenen Albert Herring. Albert protestiert dagegen vergeblich. Während die literarische Vorlage von Maupassant ein böses Ende nimmt, bevorzugen Britten und Crozier einen lebensbejahenden Schluss: Kurz vor der Ankunft der Festgäste zu Alberts Ehrung proben drei sangesbegabte Kinder eine kleine Hymne. Köstlich Cheryl Lichter als betuliches Komiteemitglied. Das sympathisch gezeichnete Pärchen Nancy und Sid, Katerina Hebelkova und Seho Chang mit bemerkenswert wohlklingenden Stimmen, hantiert mit Limonadengläsern, wobei Sid eine gehörige Portion Rum in Alberts Glas schüttet, was dessen Leben total verändern wird: Er will nicht länger belächelter Musterknabe sein!

M. Schmidlechner: Idealbesetzung

Mit dem Preisgeld und einem Sparbuch, das er vom Bürgermeister erhalten hat, taucht der Maikönig ab und bleibt verschollen. Als man seine Krone findet, wird er für tot gehalten. Aber plötzlich taucht er wieder auf und feiert mit Nancy, Sid und den Kindern. Albert Herring ist erwachsen geworden! Hier gilt es der schauspielerischen Wandlungsfähigkeit und stimmlichen Geschmeidigkeit von Schmidlechner große Anerkennung zu zollen, denn er verkörpert die Figur in idealer Weise!

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung