Ein "Sacre" ohne Opfer

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Ein bewegter Abend bot sich mit "No Sacre" von "CIE. Ismael Ivo & Grupo Biblioteca Do Corpo" im faszinierenden Wiener Odeon. Ivo entschied sich in seiner Version von "Le sacre du printemps", kein Opfer zu präsentieren. Heuer wird das 100-Jahr-Jubiläum der Komposition von Igor Strawinsky und der Choreographie Vaslav Nijinskys gefeiert.

Am Beginn steht eine burleske, karnevalhafte Situation zu einer spannenden Klangcollage, bei der die Tänzer um das Publikum, das noch in den Saal strömt, herumschwirren. Schon hier erkennt man im choreographischen Material immer wieder Zitate aus "Sacre", aber auch aus Nijinskys Choreographie "L'après-midi d'un faune". Zur Geräuschkulisse von Andreas Bick, der das Krachen von schmelzenden Eisbergen oder Vulkanlava aufgenommen hat, beruhigt sich die Szenerie. Als dann die Aufnahme des "Sacre" einsetzt, fallen Rosenblüten bis zum Ende stetig auf die Bühne.

Herausragende Darsteller

In der sechswöchigen Probenphase wurden die sehr heterogenen 14 Tänzerinnen und zehn Tänzer zu einem gut harmonierenden, technisch und ästhetisch herausragenden Ensemble geformt. Obwohl immer wieder einzelne Tänzer herausgestellt werden und zum Schluss ein Kleid (das Opferkleid?) herumgereicht und Einzelnen übergestreift wird, kommt es nicht zu einer Opferung. Eher bekommt man als Zuschauer den Eindruck, dass wir alle immer wieder Opfer sind, geopfert werden und uns selbst aufopfern. Verstärkt wird dieser Eindruck dadurch, dass sich am Ende der Großteil des Ensembles ins Publikum setzt. Die sehr schlichte Bühne von Marcel Kaskeline unterstreicht das Geschehen perfekt.

"No Sacre" war eine der letzten Uraufführungen beim heurigen Impulstanz-Festival und ist nach sechs Vorstellungen in Wien nun in São Paulo zu sehen. Die Bilanz des Festivals ist wie jedes Jahr herausragend: Bei einer Gesamtauslastung von etwa 95 Prozent haben ca. 35.000 Besucher insgesamt 119 Vorstellungen gesehen. Mit den zahlreichen Veranstaltungen bei freiem Eintritt wie der Eröffnung im Museumsquartier, oder den Buchpräsentationen und Diskussionen im Arsenal ergibt sich eine Gesamtbesucherzahl von ca. 124.000. Neben den Produktionen großer Namen der internationalen Tanzszene konnte auch die österreichische Szene wieder beweisen, dass sie Weltniveau hat.

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