Ein Sauhaufen namens Cluster

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Der Radiosender Ö1 wird von rund 660.000 Menschen täglich gehört. Dem Vernehmen nach dürften nicht alle Mitglieder des ORF-"Stiftungsrates" dazugehören und wissen, was Ö1 kann. Sie wissen nur, dass es vergleichsweise viel kostet und, weil fast werbungsfrei, wenig einbringt. In die Sprache des öffentlichen rechtlichen Rundfunks haben Wörter wie Mainstreaming, Wissenspool, Cluster und Content Einzug gehalten, von denen die wenigsten sagen könnten, was genau sie bedeuten, aber es muss etwas Gutes sein, sonst wären sie nicht so beliebt. Cluster zum Beispiel, ein Wort, das Kulturjournalisten mittlerweile ganz locker über die Lippen kommt, heißt eigentlich Bündel, Büschel, Haufen. Ein solcher Bündel-Büschel-Haufen soll künftig im ORF Kultur, Wissenschaft und Religion enthalten und dazwischen noch irgendwie Ö1. Ein Sauhaufen mit dem schönen Mascherl "Multimedialität": die Vision der Visionäre besteht aus einem "Newsroom" und anderen Großraumbüros mit Allzweck-Journalisten ohne eigenen Schreibtisch, die darauf warten, dass ihnen von zentraler Stelle ein Häppchen Content, also Inhalt, zugeworfen wird, an dem sie tunlichst nicht allzu lange herumkauen sollen.

Jetzt wird klar, warum die Radiomacher das für sie maßgeschneiderte Funkhaus verlassen sollen: Die Zerschlagung eines internationalen Aushängeschilds wie Ö1 lässt sich so diskreter bewerkstelligen. Man wird einen Haufen (Cluster) Leute einsparen. Und Sendungen, z. B. literarische. Übersiedlungsbedingte organisatorische Umstrukturierung wird das heißen oder so ähnlich auf Englisch. Der derzeitige Ö1-Chef Peter Klein hat bereits gewarnt. Elfriede Jelinek und andere detto. Die Politik freilich wird der lästigen Berichterstattung von Ö1 keine Träne nachweinen. Und der Stiftungsrat ist praktisch die Politik. "Was bleibet aber, stiften die Dichter."

Die Autorin ist Germanistin und Literaturkritikerin

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