Ein Stammbaum voller kaputter Zweige

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Symbolträchtiger als die Jalousie hochzuziehen, um die Geheimnisse ans Licht zu lassen, geht es kaum -und das Schauspieldrama "Im August in Osage County" mag es, die Dinge zu betonen. Bis dahin muss das Haus, in dem eine verzweigte Südstaatenfamilie implodiert, als Hort morbider Stimmung im Halbdunkel liegen -nicht unbedingt wegen des Trauerfalls. "Das Leben ist zu lang", zitiert Vater Weston T.S. Eliot, bevor er seines im See nebenan beendet. Zurück bleibt Violet (Meryl Streep), die labile, medikamentensüchtige Mutter, die unter ihrem Mundkrebs demonstrativ leidet und nun die Verwandten herbeiruft. Das Nesthäkchen (Julianne Nicholson) ist ihrem Zugriff ohnehin nie entkommen.

Anders erging es der ältesten Tochter Barbara (Julia Roberts), die jetzt bei der Rückkehr nach Hause genug eigene unausgesprochene Sorgen im Gepäck hat, und der unsteten Karen (Juliette Lewis), bei der die gescheiterte Ehe bereits im Auto sitzt, bevor sie überhaupt verheiratet ist. Einen weiteren kaputten Zweig des Stammbaums bringt Violets Schwester (Margo Martindale) mit: den Gatten, der unter ihrem Pantoffel leidet, und einen Sohn, dem sie jedes Selbstvertrauen genommen hat, indem sie ihn fortwährend zum Versager stempelt. Unverkennbar sind es die Frauen, die im Mittelpunkt des Geschehens stehen, während der Anhang ihre Charakterzüge, ihre Schwächen und so manches Scheitern widerspiegelt.

Konfliktträchtige Konstellation

Im Vorbeigehen kündigt sich, während die Erwachsenen noch mit sich selbst beschäftigt sind, auch schon die nächste dysfunktionale Generation an -ein weiteres feines Merkmal einer konfliktträchtigen Figurenkonstellation, an der sich jedoch nicht verleugnen lässt, dass sie für die Bühne geschaffen wurde: 2008 wurde Tracy Letts für sein Theaterstück "August: Osage County" sowohl mit dem Tony als auch mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnet. Die Ausgefeiltheit der Dialoge und die Gleichmäßigkeit, mit der trotz großem Ensemble jeder Akteur zumindest einmal im Mittelpunkt steht, rühren bereits von dort.

Ebenso die dankbaren Hauptfiguren, die Julia Roberts und Meryl Streep wenig überraschend Oscar-Nominierungen einbrachten, auch wenn andere, vor allem Julianne Nicholson, die tatsächlich spannenden Darstellungen abliefern.

Die geballte Talentriege macht Filmischem nicht wett, das -bis auf Großaufnahmen -weitgehend fehlt: Ein Panorama hier, ein schwach beleuchtetes Set da, und doch ist und bleibt es großes amerikanisches Leinwand-Theater ohne eigene Akzente.

Im August in Osage County (August: Osage County) USA 2013. Regie: John Wells. Mit Meryl Streep, Julia Roberts, Julianne Nicholson. Tobis. 121 Min.

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