Eine zerrissene Bewerbung

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Letzte Woche war der Brief endlich geschrieben: Schlußendlich schien auch einem Furche-Redakteur nichts anderes übrigzubleiben, als seine Bewerbung für den Posten des Kulturchefs im ORF-Fernsehen abzugeben. Zu sehr dauerten uns die verzweifelten Versuche der angeblich so entscheidungskompetenten Führungscrew auf dem Küniglberg, die Kultur endlich spitzenmäßig zu besetzen.

Schon schlimm, welch Creme de la creme der Kulturszene Gerhard Weis & Co. einen Korb gab: Kultur(chef)redakteure (von profil bis zur Zürcher Weltwoche) seien darunter gewesen, ein Theaterintendant aus Hamburg, ein Ausstellungsmacher aus Wien. Alles nichts. So nichts, daß sogar der Chefredakteur von tv-media in die allerengste Wahl gezogen wurde.

Als Wolfgang Maier dann doch auch das Handtuch warf, waren aber unsere Befürchtungen nicht wirklich beruhigt, die hauptsächlich zum "Treffpunkt Kultur" verkommene Kultur im ORF-Fernsehen könnte noch sinken - nämlich dorthin, wo tv-media den Ton und den Stil angibt. Immerhin hätte sich ja noch Karin Resetarits bewerben können, auch wenn uns diesbezüglich nichts Näheres bekannt war.

Weil also Not an Mann (und Frau) zu herrschen schien, schrieben wir, nach schlafloser Nacht, dann doch das eigene Bewerbungsschreiben. Zu spät.

Denn mit unverhoffter Entscheidungsfreude präsentierte Hannes Leopoldseder (zur Erinnerung seine Kompetenz: als Informationsintendant auch für die Kultur zuständig) der staunenden ORF-Belegschaft und der überraschten Öffentlichkeit seine letzte Wahl: ORF-Musikchefin Haide Tenner wird die oberste Kulturfrau auf dem Küniglberg.

Erleichtert und zerrissen wanderte unser Bewerbungsschreiben sogleich in den Papierkorb. Unser Ärger folgte aber auf dem Fuß: Dafür wurde eine schlaflose Nacht verschenkt? Für diese Lösung führte der ORF die interessierte Öffentlichkeit monatelang an der Nase herum? Haide Tenner wäre ja von Anfang an die logische und fachgerechte Besetzung des Postens gewesen.

Gott sei Dank ist dem ORF die Linie von tv-media (und natürlich auch: der Furche-Redakteur) erspart geblieben. Fragen nach ihrer Führungskraft werden sich Gerhard Weis und Crew aber ordentlich gefallen lassen müssen.

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