EM-Pläne mit Verkehrslücken

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Für die Fußball-Europameisterschaft in Polen und der Ukraine mangelt es nicht an modernen Stadien. Was jedoch fehlt, sind Autobahnen und Flugplätze. Nun greift Premier Tusk ein.

Polen kämpft mit aller Macht um sein Image als solider Ausrichter der Fußball-EM 2012, die das Land genau in einem Jahr zusammen mit der Ukraine veranstalten soll. Premierminister Donald Tusk will nun Infrastrukturminister Cezary Grabarczyk feuern, wenn dieser nicht den termingerechten Bau wichtiger Autobahnen und Schnellstraßen garantieren kann. Der Regierungschef übernimmt dann höchstpersönlich die Aufsicht über diese Investitionen, um einen Vertrauensschaden bei der UEFA oder den internationalen Investoren vom Land abzuwenden, berichtet die einflussreiche polnische Tageszeitung Rzeczpospolita.

In den vergangenen Tagen hatten Meldungen, dass sich Polen mit vielen Projekten massiv verspäte, die nationalen und internationalen Medien erstaunt. Denn eigentlich hatte die UEFA die Vorbereitung in diesem Land immer positiv bewertet. Als Wackelkandidat galt eher die Ukraine. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) hatte von einem "drohenden Debakel“ berichtet und damit einen negativen Widerhall in den polnischen Medien erzeugt.

Es geht die Angst um, die Fans könnten bei der EM, die am 8. Juni 2012 beginnt, nicht problemlos zu den Stadien vor allem in Warschau, Posen, Danzig und Breslau gelangen. Schließlich ist das polnische Autobahnnetz derzeit nur lückenhaft und mit gerade einmal 850 Kilometern eine einzige Katastrophe. Zum Vergleich: In Deutschland sind es 12.000 Kilometer.

Ein tiefschwarzer Zwischenbericht der Nationalen Kontrollkammer (NIK) über die EM-Vorbereitung, den die Rzeczpospolita veröffentlichte, hatte dann offenbar das Fass zum Überlaufen gebracht und Tusk zum Handeln bewegt. Die Behörde kontrolliert, wie der polnische Staat mit den Steuergeldern umgeht. "Etwas mehr als jeder dritte Zloty von der Gesamtsumme, die im vergangenen Jahr investiert werden sollte, wurde auch tatsächlich verbaut“, heißt es. Polen habe nur 35 Milliarden Zloty (8,9 Milliarden Euro) anstelle der anvisierten 95 Milliarden Zloty (24 Milliarden Euro) verwendet, ärgerten sich die Kontrolleure und präsentierten eine lange Liste von Projekten, die mit Sicherheit nicht rechtzeitig zum Anpfiff im Juni 2012 fertig werden.

Dabei handelt es sich um 14 Straßenabschnitte mit einer Gesamtlänge von rund 400 Kilometern - knapp 320 Kilometer davon sind Autotrassen. Darüber hinaus werde es auch nicht gelingen, einige Bahnhöfe wie geplant zu sanieren, mahnten die NIK-Beamten. Ebenso wenig wird ihren Aussagen zufolge der kleine Regionalflughafen in der westpolnischen Stadt Poznan (Posen) termingerecht modernisiert.Besonders bitter stößt den Kontrolleuren auf, dass Autobahnabschnitte auf der Ost-West-Achse A2 nach Warschau nicht rechtzeitig fertig werden, weil die chinesische Baufirma COVEC diese Woche überraschend den Vertrag gekündigt hatte. Gerade diese Kündigung hatte ein unangenehmes Echo in den Medien hervorgerufen. Denn schon länger gab es Probleme bei der Bauausführung. Eigentlich hatte das Land gerade in die Chinesen große Hoffnungen gesetzt, war ihr Angebot doch sehr kostengünstig gewesen. Polen droht COVEC jetzt zwar mit horrenden Schadenersatzforderungen, doch es bleibt dennoch völlig offen, wann der Abschnitt nun fertig wird.

Das Austragungsland Polen, in das viele große Hoffnungen gesetzt haben, muss bereits Kratzer an seinem Image hinnehmen - egal, ob Premier Tusk tatsächlich die Aufsicht über die Organisation an sich reißt oder sein Infrastrukturminister die Probleme doch noch in den Griff bekommt.

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