Erinnerung an eine Musikrevolution

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Der Run auf die Karten der Performances der legendären Elektropop-Formation Kraftwerk im Rahmen der Wiener Festwochen im Burgtheater führte zu drastischen organisatorischen Maßnahmen: So personalisierten die Veranstalter die Tickets durch Namensaufdrucke, im Burgtheater wurden dann die Karteninhaber anhand ihrer amtlichen Lichtbildausweise streng kontrolliert. Dies sollte als Mittel gegen den Schwarzmarkthandel dienen, denn es gab erstaunlich viele Interessierte, die die Formation rund um den verbliebenen Bandgründer Ralf Hütter sehen und hören wollten. Die meisten Zuschauer bewegten sich im Alter zwischen vierzig und sechzig. Jene Band, die die deutsche wie auch internationale Musiklandschaft wie kaum eine andere veränderte, noch einmal live zu bewundern, das lockte viele aus ihrem Wohnzimmer ins Burgtheater.

Unmittelbar nach der Kartenkontrolle wurden 3D-Brillen ausgegeben und die Vorfreude auf beeindruckende Visuals stieg hoch an - doch dann kamen die Animationen ziemlich brav daher und es beeindruckte eher das in Schwarzweiß gehaltene, im echten Kontrast zur Musik stehende Filmmaterial: so etwa bei "Tour de France", wo Originalmaterial des Radrennens aus längst vergangener Zeit auf die Leinwand gebeamt wurde, oder bei "Model": Hier konterkarierten historische Schwarzweißbilder die Synthesizer-Klänge.

Ikonen ihrer Zeit live erleben

Eigentlich waren vier Abende mit acht verschiedenen Konzerten angesetzt, die alle dem jeweiligen Schwerpunkt eines Albums Tribut zollen sollten. Doch - und das ist wirklich enttäuschend - verblieb dieses Versprechen bloß auf dem Papier, die Vorstellungen selbst waren irritierend deckungsgleich. Was prinzipiell kein Problem wäre, würde man das Konzept nicht eigens auf die Eintrittskarten drucken und die Konzerte dementsprechend bewerben: Die acht Vorstellungen unterschieden sich zumeist nur in der Anordnung der Nummern, allerdings gab es beim jeweils späteren Konzert dann doch Zugaben, im Gegensatz zur früheren Vorstellung. Das ist vermutlich der Tatsache geschuldet, dass das Burgtheater zwischen den zwei Performances geräumt werden musste und daher die Zeit drängte.

Auch wenn der körperliche Einsatz von Ralf Hütter und den drei weiteren Musikern, die in ihren von Rastern gezeichneten Bodysuits hinter den Arbeitspulten stehen, gemäß der Art ihrer Musik wenig charismatisch sein kann, so ist es beeindruckend, Ikonen ihrer Zeit live zu erleben - und dabei festzustellen, wie zeitlos viele der für damalige Verhältnisse avantgardistischen Nummern geblieben sind. Wobei nicht klar hervorgeht, wer welche Regler und Tasten bedient. Was bleibt, ist Nostalgie. Vor allem bei der Generation, die mit Kraftwerks Musikrevolution aufgewachsen ist.

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