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Schnitzlers "Traumnovelle"im Fin-de-Siècle-Ambiente

Der Arzt Fridolin schleicht sich in eine maskierte Gesellschaft ein, die an heimlichen Orten ihre Orgien feiert, wird als Eindringling entdeckt, entgeht aber einer Bestrafung, weil sich eine unbekannte Schöne für ihn opfert. Was er real erleben wollte, das erotische Abenteuer, das geht in ähnlicher Weise seiner Frau Albertine im Traum durch den Kopf. Eine offene Aussprache der Eheleute endet mit den Worten: "Nun sind wir wohl erwacht - für lange."

Davon handelt Arthur Schnitzlers "Traumnovelle", die Jürgen Kaizik für die Festspiele Reichenau dramatisiert und im Südbahnhotel am Semmering inszeniert hat. Das spannend geschriebene Prosawerk, eine Demaskierung des Unbewussten im Sinne seines Zeitgenossen Sigmund Freud, gegenüber dessen Lehre Schnitzler stets reserviert blieb, bietet bis hin zum freizügigen Maskenball eine Reihe dramatischer Höhepunkte: Begegnungen Fridolins mit der Tochter eines gerade verstorbenen Patienten, mit einem Obdachlosen, mit betrunkenen Studenten, mit einer Prostituierten.

Die Vorstellung beginnt schon im Foyer des verblichenen Glanz ausstrahlenden Fin-de-Siècle-Gebäudes. Die Akteure mischen sich unter das Publikum, erzeugen Ballatmosphäre. Dann nimmt das Geschehen im Speisesaal seinen Lauf, ehe man zum Finale in den Waldhofsaal im Obergeschoß übersiedelt. Die Regie setzt Musik, Licht, Video und Film meist sehr gekonnt ein. Nur drängen sich auch Fragen auf, zum Beispiel: Warum haben beim filmisch dargestellten Abtransport Fridolins (sinnigerweise zum Südbahnhotel, nicht zu einer Wiener Stadtwohnung) sowohl er als auch seine Begleiter die Masken abgelegt, sich einander also zu erkennen gegeben?

In der Hauptrolle schlägt sich Bernhard Schir (Fridolin) in Mimik und Gestik wacker, aber manchmal zu leise sprechend, durch das Wiener Nachtleben. Gabriela Benesch (Albertine) trifft weitgehend den richtigen Ton. Die stärksten Leistungen bieten aber Joseph Lorenz (Nachtigall) und Sandra Cervik (Baronin D., Domino). Vom übrigen Ensemble sind Tamara Metelka (Marianne, Schwester Gabriela), Katharina Winkler (Mizzi, Verführerin) und Bela Koreny (Gibiser) hervorzuheben. Dass die prickelnde Mischung aus Erotik und Kunst Erfolg haben wird, ist kaum zu bezweifeln.

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