Festspiele Reichenau: Schnitzlers "Weites Land" mit Star-Aufgebot
Das Stück verkommt am Semmering trotz Stars zum inspirationslosen Konversationstheater. Die Festspiele Reichenau bieten eine idyllische Schnitzler-Inszenierung ohne historischen Bezug zum Ort.
Das Stück verkommt am Semmering trotz Stars zum inspirationslosen Konversationstheater. Die Festspiele Reichenau bieten eine idyllische Schnitzler-Inszenierung ohne historischen Bezug zum Ort.
Arthur Schnitzlers "Weites Land" findet seine Repräsentanz bei den Reichenauer Festspielen in mehrfacher Hinsicht: Am Semmering hat Schnitzler 1909 die Tragikomödie überarbeitet, im dortigen Südbahnhotel mit dem beeindruckenden Ausblick in die Bergwelt wird es nun aufgeführt.
Beverly Blankenship inszeniert das Stück nach zwölf Jahren zum zweiten Mal in Reichenau - man sieht die lange und präzise Auseinandersetzung, in der sie eine ferne, längst vergangene Zeit herbeizitiert. Leider auch inszenatorisch. Stark konventionell geht das Ensemble direkt in die Idyllen-Falle.
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Und das ist auch Programm: In der Sommerzeit versprechen die Festspiele Reichenau ein Großaufgebot renommierter Schauspieler in klassisch-traditioneller Regie und sind damit seit Wochen ausverkauft. Nach dem Chaos der Wiener Festwochen sind Blankenships Schnitzler-Interpretationen stets vorhersehbarer Genuss. Schade also, dass sie sich diesmal allzu sehr auf die Brüchigkeit des renovierungsbedürftigen Südbahnhotels (Bühne: Peter Loidolt) verlässt, in dem sie in epischer Breite inspirationsloses Konversationstheater macht.
Wechselnde Spielorte
Bewegung bringt das Publikum hinein: Die Schauplätze werden real gewechselt, vom lichten Waldhof - in den atmosphärisch dichten Speisesaal. In der Magie des Jahrhundertwende-Interieurs machen verträumte Violinklänge und edle Leinenkostüme (Erika Navas) Schnitzler zum abgehobenen Beziehungsdiagnostiker. Vom zeitgeschichtlichen Rahmen erzählt Blankenships Konzept genauso wenig wie das Spiel der Wiener Bühnen-Stars, als hätten sie den gemeinsamen Auftrag, eine untergegangene Welt wieder lebendig zu machen.
Petra Morzés Genia wirbelt elegant-manieriert über die Terrasse und beklagt gestenreich das Schicksal einer Frau ohne Beruf, die in einer glücklosen Ehe gefangen ist. Morzé zeigt eine Salondame erster Klasse, als wäre sie endlich im richtigen Rollenfach, als hätte es die Theaterreformen des 20. Jahrhunderts nie gegeben. Marianne Nentwich - vor 12 Jahren die Genia - zeigt heuer souverän die kluge Schauspielerin Anna als Sinnbild der Emanzipationsversuche im System patriarchaler Ehrbegriffe. Die Handlung dreht sich um Hofreiter, den Herbert Föttinger als eiskalten Großbürger, der sich von seiner Umgebung und der eigenen Existenz gelangweilt zeigt, behauptet.
Facettenreiche Besetzung
Um Hofreiters unwiderstehlich charmante Maske, die aalglatte Schale der Dekadenz ringt Föttingers bodenständige Klarheit vergeblich. Auch Rainer Friebs Rechtsanwalt Natter, bei Schnitzler Etikettenverweigerer und "Anwalt des echten Gefühls", geht als blasse Figur unter. Und dass Agnes Riegl als naturromantische Kindfrau den abgebrühten Hofreiter noch einmal becirct, wird ebenfalls zur äußerlichen Geste - glauben wollen das die beiden selbst nicht mehr. Frische bringen Elisabeth Augustin als aufgedrehte Frau Wahl und Fritz Egger als kurioser Paul Kreindl, während sich Alexander Pschill mit theatralisch hochgezogenen Augenbrauen um einen posierlichen Fähnrich Otto bemüht.
Blankenships Regie verliert sich in leeren Andeutungen. Weder Spitzen der Tragik noch der Komik, sondern ein schönes, verschlafenes Museumsstück inmitten einer zauberhaften Rauminszenierung mit gewogenen Besuchern.
Die Autorin ist freie Theaterkritikerin.
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