Das klingt sonderbar. Wuchern doch entsprechende Bewegungen in ganz Europa - und in Amerika. Aber die Bezeichnung als "Rechtspopulisten" beruht auf politischer Strategie und auf historisch verquerem Blickwinkel. Denn rechtspopulistische sind zum Großteil gleichzeitig linkspopulistische Gruppierungen. Was sind die Themen?(1) Heimat, Zugehörigkeit, Gemeinschaftlichkeit, Identität -und in der Aversion gegen Migranten kann dieses eigentlich konservative Thema in den Rassismus hinübergleiten. (2) Das Thema Schutz, sozialer Garantismus, paternalistischer Staat -ein klassisches sozialistisches Anliegen. Die Sozialdemokratie war bis in die 1990er-Jahre gegen Europa und Globalisierung. Trump ist nicht neoliberal, sondern protektionistisch. (3) Die Idee der Volkseinheit, der homogenen Gemeinschaft, der "Mitte des Volkes"(dem der Führer entspringt) - das gab es immer in rechten und linken Varianten. Wo wären Erdogan oder Putin auf einer solchen Skala? Manchmal wird vom "Extremismus der Mitte" gesprochen; doch es ist eher ein Autoritarismus, der alle Themen der ehemaligen Links-Rechts-Skala gleichzeitig bespielt. (4) Ein Bild von den "Anderen", den "Feinden", den Abzockern und Unterdrückern -Konservative haben sie unten, Sozialisten immer oben verortet, und Populisten haben den Vorteil, die Sündenböcke in beiden Richtungen (oben: Schickeria, unten: Flüchtlinge) zu attackieren. (5) Wen sollte es da wundern, dass die Arbeiterschaft problemlos von der SPÖ zur FPÖ gewandert ist? Die Vorstellung, dass sie vom linken zum rechten Ende der Skala "gehüpft" ist, ist skurril. Sie hat ein Gespür für Berührungspunkte. (6) Wen sollte es da wundern, dass sich die vermeintlich "Rechten" mit den Kommunisten zusammentun? Der russische Geheimdienst hilft Trump: Was sollen da die alten ideologischen Achsen von links bis rechts? Es ist ein neues Spiel.
Der Autor ist Professor für Soziologie an der Universität Graz
