Fatma erzählt

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Die Geschichte einer Kurdin, die mit den Traditionen brach.

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Die Geschichte einer Kurdin, die mit den Traditionen brach.

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Ein weiterer Schritt in die Freiheit ist für Fatma B. ihr Buch "Hennamond". In der autobiographischen Geschichte erzählt die Autorin von ihrer Kindheit in einem kleinen kurdischen Dorf in der Türkei und ihrem späteren Leben in Deutschland.

Zwischen drei Kulturen aufgewachsen, entscheidet sie sich für die westliche. Sie bricht mit ihrer Familie und heiratet einen deutschen Arzt. Ihre Erzählung soll auch für Familie und Freunde ein Schlüssel zum besseren Verständnis einer Frau sein, die durch zwei gegensätzliche Identitäten gespalten ist. Das starke Gemeinschaftsgefühl der Menschen in dem kleinen, von großer Armut beherrschten, von der Außenwelt unberührten kurdischen Dorf V., in dem Fatma aufgewachsen ist, läßt die Autorin in der Erinnerung die ersten Jahre ihres Lebens in frohe Farben und warmes Licht getaucht empfinden. Doch früh bekommt das Mädchen auch die enormen gesellschaftlichen Zwänge und die Geringschätzung der Frau in ihrer Kultur zu spüren.

Gewalt zieht sich schon ab den ersten Seiten - ihr Vater vergewaltigt ihre Mutter, um sie zur Hochzeit zu zwingen - fast wie ein roter Faden durch die Geschichte. In Deutschland sehen die Eltern Gewalt als einzige Möglichkeit, die strengen Sitten der kurdischen Gesellschaft zu verteidigen und betrachten sie allgemein als ein normales Konfliktlösungsmittel. Drohungen der männlichen Verwandschaft, die sie für die Hochzeit mit einem Ungläubigen bestrafen wollen, sind auch ein nicht unerheblicher Grund, warum die Autorin einen Künstlernamen verwendet und anonym bleiben möchte.

Trotzdem schafft sie es, einen einfühlsamen Blick auf ihre Landsleute zu werfen, die oft, geprägt von Armut und Isolation, in den überkommenen strengen Sitten und einem alles erdrückenden Ehrbegriff den einzigen Anker in ihrem Leben sehen. Daß ihr Buch zu der Tendenz beitragen könne, den Islam im Westen zum Feindbild zu machen, ist Fatma B. durchaus bewußt, wie sie erklärt, "aber die Geschichte, die ich erzählt habe, ist keine Geschichte über den Islam ... Wer von den Dorfleuten in V. kannte schon den Koran? Ich habe ihn auch erst vor einigen Jahren gelesen. Nein, dies ist keine Geschichte über den Islam, sondern eine Geschichte über mich." Allen Brutalitäten zum Trotz schrieb sie ein Buch über den Wunsch zu leben, der stärker ist als jede Angst, ein Buch über Selbstbestimmung, Frühling und Aufbruch.

Hennamond. Von Fatma B. Peter Hammer Verlag, Wuppertal 1999. 225 Seiten, brosch., öS 181,- E 13,15

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