Festgeschrieben ist nur der Anfang

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Unser Lektorix des Monats.

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Wer bin ich? Warum bin ich ich – und niemand anderer? Wenn Kinder so fragen, ist man als Erwachsener oft sehr schnell mit zu einfachen – oder auch zu komplizierten – Begründungen zur Hand. Dabei brauchen manche Fragen gar nicht zwingend eine Antwort. Es ist einfach nur gut, sie zu stellen. Über sie nachzudenken. Genau das tut Heinz Janisch in seinem neuen Bilderbuch, er stellt die älteste Frage der Menschheit und denkt über den Anfang des Lebens nach.

„Wie war das am Anfang, als Gott an mich gedacht hat?“, fragt sich das reflektierende Ich, um danach der Phantasie in kreativer Unordnung freien Lauf zu lassen. „Wollte er, dass ich eine Kugel werde? Dass ich ein Baum werde, mitten im Feld?“

Eine Schneeflocke unter vielen Schneeflocken, ein Tiger im Sprung, ein Apfel, ein Stern – Verschiedenstes wird erwogen. Pflanzen, Tiere, Steine, alle sind gleichberechtigte Denkvarianten in diesem freien Spiel der Möglichkeiten. Da ist nicht eines besser als das andere, alles ist wertvoller Bestandteil der Schöpfung. So auch die Variante, für die sich der Schöpfer schließlich entschieden hat: „Gott sagte: ‚Du wirst ein Mensch sein.‘“

Eigenverantwortung des Ich

Hier steht ein göttlicher Plan hinter der eigenen Identität; festgeschrieben ist damit allerdings nur der Anfang: „So ist es. Jetzt.“ Denn wenn man die letzte Seite umblättert, steht vor einem dunklen Sternenhimmel noch ein Wort zu lesen: „Spannend.“ Wie es also weitergeht, was man aus seinem Menschsein macht – das bleibt eine Herausforderung und in der Eigenverantwortung des Ich.

Es ist eine der großen Qualitäten des renommierten Autors, über nicht ganz leichte Themen mit leichter Hand schreiben zu können, ohne ihnen die Tiefe zu nehmen. Mit wenigen pointierten Worten Sprachrhythmus zu erzeugen, Atmosphäre zu schaffen. Bewusst reduziert sind auch die collagierten und gemalten Bilder der Südtiroler Künstlerin: Gedeckte, vorwiegend erdige Farben, große Flächen, überlegt eingesetzte Figuren und Details, die in den weiten Bildräumen schweben.

Ein Buch, das geradezu exemplarisch die optimale Harmonie zwischen Text und Bild verkörpert und ideal ist für die gemeinsame Lektüre von Erwachsenen mit Kindern. Um weitere Fragen zu stellen, nach dem Leben, dem Anfang und dem Ende. Es muss ja nicht auf alles eine Antwort geben …

Wie war das am Anfang

Von Heinz Janisch, illustriert von Linda Wolfsgruber Wr. Dom-Verlag 2009 26 S., geb., e 14,90

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