Franz Rosenzweig erinnert

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Vor 100 Jahren, im Februar 1919, wurde eines der einflussreichsten Werke des modernen jüdischen Denkens vollendet: "Der Stern der Erlösung" von Franz Rosenzweig. Es erschien 1921 und bewegt bis heute die Geister -durch seine manchmal bis an die Grenze der Unverständlichkeit reichende Tiefe, aber auch durch seine Entstehungsgeschichte und die Lebensgeschichte des Autors.

Rosenzweig, der 1886 in Kassel geboren wurde, entwarf den "Stern" auf Feldpostkarten, die er während des 1. Weltkriegs nach Hause schickte. Daraus wurde eine neo-romantische, existenzialistische Philosophie des Judentums. Sie verknüpft sechs Kernelemente jüdischen Denkens: Gott-Welt-Mensch und Schöpfung-Offenbarung-Erlösung. So entstehen zwei Dreiecke, aus denen der sechszackige Davidstern gebildet wird, das Symbol des Judentums. Nur wenige Jahre zuvor wollte Rosenzweig das Judentum zugunsten des Christentums aufgeben. Angeblich bewegte ihn der sinnliche Eindruck eines Jom-Kippur-Gottesdienstes in Berlin 1913 so sehr, dass er beschloss: "Ich bleibe also Jude."

Später wurde Rosenzweig einer der wichtigsten Denker der "jüdischen Renaissance" der Zwischenkriegszeit, die das Judentum erneuern wollte. Gemeinsam mit Martin Buber schuf er eine fundamental neue Übersetzung der Hebräischen Bibel ins Deutsche. In seinen letzten Lebensjahren litt er unter einer Krankheit, die Bewegung und Sprache lähmte. Seine letzten Texte diktierte er mit Hilfe seiner Augenlider. Rosenzweig starb im Dezember 1929. Der zehn Jahre zuvor vollendete "Stern der Erlösung" beginnt mit der existenziellen Angst des Menschen vor dem Tode. Wer sich durch die mehreren hundert Seiten kämpft, die folgen, wird belohnt mit Einsichten und einem Hoffnung verheißenden Schluss. Die letzten Worte lauten: "Ins Leben."

Der Autor ist Wissenschafter am Inst. f. Jüdische Theologie der Uni Potsdam

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