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Eine Relecture der Skalnik-Schrödinger-Debatte.

Erwin Schrödinger 1887-1961

Physiker

Niemand spricht heute mehr von "ernster" Forschung. Wissenschaft ist zu einem unglaublich dynamischen Prozess geworden - viel hemdsärmeliger, als sich Kurt Skalnik dies offenbar vorstellen konnte. Abgesehen davon, dass die Einschränkung auf "Männer, die in der Studierstube denken und im Laboratorium forschen" passé ist. Heute ist es selbstverständlich, von Männern und Frauen zu sprechen.

Wir leben in einer Welt, in der das Bildungssystem viel mehr Möglichkeiten bietet. Es gibt einen gut ausgebauten Fachhochschul-Sektor, der eine konkrete Berufsausbildung liefert und damit vielleicht das abdeckt, was Skalnik meinte. Ob seine vorgeschlagene Trennung zwischen Institutionen, die für den Beruf ausbilden, und solchen, die die Ausbildung zum Forscher abdecken, langfristig für die Gesellschaft gut ist, muss derzeit offen bleiben.

Energie aus Studienzeit

Die Forderung Erwin Schrödingers, dass die "Praktiker" während ihrer Ausbildung engen Kontakt mit der Wissenschaft haben, ist jedenfalls sehr wichtig. Ich sehe das immer wieder bei den Lehrerinnen und Lehrern an höheren Schulen, die nach wie vor Energie aus ihrer Verbindung mit der Wissenschaft und Forschung beziehen, die aus ihrer Ausbildungszeit stammt.

Die Offenheit des universitären Zugangs für alle ist zweifellos eine der größten Errungenschaften des zwanzigsten Jahrhunderts. Das steht jedoch nicht im Widerspruch dazu, dass geeignete Mechanismen entwickelt werden, um rechtzeitig am Studienbeginn herauszufinden, wer für welches Studium geeignet ist. Dies darf jedoch ausschließlich auf Grund von Können und Begabung des Einzelnen stattfinden.

Geprägt durch den Krieg

Kurt Skalnik kritisiert auch, dass die Studenten von 1948 zu wenig am öffentlichen Leben teilnehmen. Das mangelnde Engagement sei laut Skalnik durch die Erfahrungen des Krieges zu verstehen.

Heute, im Jahr 2005 haben wir allerdings eine ähnliche Situation: Es ist daher die Politik und jeder einzelne im öffentlichen Leben Stehende aufzurufen, die Verhältnisse so zu gestalten, dass junge Menschen wieder mit Begeisterung am öffentlichen Leben mitwirken. Hier haben auch die Universitäten ihre Rolle zu spielen. Schließlich meinte Schrödinger, dass es eine wichtige Konsequenz während der Studienzeit sei, "die Freiheit kosten" zu lernen - und "das Vertrauen auf das eigene Urteilsvermögen als letzte Instanz". Hier haben die heutigen Universitäten, die wesentlich verschulter sind als jene des Jahres 1948, einen langen Lernprozess vor sich.

Der Autor ist Vorstand des

Instituts für Experimentalphysik der Universität Wien.

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