Fulminanter Neustart

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Ein ungemein komischer, spritziger "Barbier von Sevilla".

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Ein ungemein komischer, spritziger "Barbier von Sevilla".

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Begeisterungsstürme im Hof des Chorherrenstiftes: Mit einem ungemein komischen, musikalisch attraktiven "Barbier von Sevilla" gaben die Sommerspiele Klosterneuburg ein kräftiges Lebenszeichen. Die verpatzte Vorjahressaison hätte fast das Aus für die Sommerspiele gebracht - und nun dieser fulminante Neustart unter dem 30jährigen (!) Intendanten Michael Garschall und seinem jungen, engagierten Team: Der musikalische Leiter Guido Mancusi (32) hat Gioacchino Rossinis Autograph durchgearbeitet und Schnörkel aus der Partitur entfernt, die diverse Kapellmeister dazukomponiert hatten. Herausgekommen ist eine frische Interpretation, die geschickt die Balance zwischen jauchzenden Streichern und trillernden Bläsern hält. Die gelungene einfache Bühne von Judith Leikauf (28) und Karl Fehringer (30) sowie die Papp-Requisiten orientieren sich an der Stummfilm-Ästhetik der zwanziger Jahre. Die Regie Henry Masons (23) sprüht vor witzigen Einfällen und spornt die Sänger zu komödiantischen Höchstleistungen an.

An Witz kaum zu überbieten ist jene Szene, in der sich Graf Almaviva, als Klavierlehrer Don Alonso verkleidet, Einlaß in Doktor Bartolos Haus verschafft, um seine Angebetete Rosina zu sprechen: Die Finger des lispelnden Spät-hippies formen zu der immer wiederkehrenden Begrüßung "pace" das nicht minder abgeschmackte "Peace"-Zeichen der Blumenkinder. Den köstlich eitlen Grafen singt Carsten Süß mit ans absurde grenzenden Koloraturen. Ingrid Hofers im Vogelkäfig gehaltene Rosina hingegen leidet ein wenig an Mancusis musikalischer Abspeckung - magere Koloraturen in "Frag ich mein beklommnes Herz" -, kann sich aber in der "Arie aus der ,Überflüssigen Vorsicht'" stimmlich ausleben. Marian Pop gibt als Figaro einen äußerst feschen Filou ab, der mit seinem schlanken, wendigen Bariton begeistert. Enttäuschend ist nur William Mason als Intrigant Don Basilio. Bei ihm ist nicht nur die Verleumdung, sondern auch die Stimme ein Lüftchen. Trotz dieses kleinen Schönheitsfehlers: Der Klosterneuburger "Barbier" ist ein absolutes Muß.

Bis 8. August Karten unter 02243/444-351

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