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Die Rothschilds

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Der erste große Theatererfolg der neuen Saison am Broadway sind „The Rothschüds“ — ein Beweis, daß man Geschichte, jüdisches Leben und Finanzwesen zu einem wirkungsvollen „Musical“ schmieden kann.

Seitdem zu Großvaters Zeiten das Lustspiel „Die fünf Frankfurter“ von Karl Rösler (1912) in Deutschland erfolgreich über die Bühnen ging, haben viele Autoren das Thema behandelt, wie es dazu kam, daß die fünf Söhne des Mayer Am-schel Rothschild aus dem Frankfurter Juden-Ghetto eine Dynastie wurde, nachdem sie zur Zeit der Napoleon-Kriege finanzielle und politische Machtstellungen in den Ländern Europas eingenommen hatten. Frederic Mortons Biographie, eine faszinierende Familiengeschichte der Rothschilds, ist nun vom Komponisten Jerry Bock und dem Textdichter Sheldon Harnick — demselben Team, dem wir „Fiddler on the Roof“ („Anatevka“ auf europäischen Bühnen) verdanken — bearbeitet worden. Wenn es, teils wegen der Thematik, an jenes erinnert — so ist seine Parallele hauptsächlich darin zu finden, daß gleich „Fiddler“ auch „The Rothschilds“ heiteres Theater mit ernsten Untertönen ist. Die musikalische Familienchronik schildert nun die Anfänge von Mayer Amschel im Frankfurter Ghetto und die erstaunlichen Instinkte von Vater und Söhnen, die nach Macht und Einfluß streben, um das unwürdige Dasein der Juden in Mitteleuropa in eine normale Lebensform zu verwandeln.

Der Kontrast zwischen der Intensität und Einfallsreichtum der Ghettobewohner und der müden Eleganz der geldhungrigen Fürstenhöfe ist mit viel Humor herausgearbeitet, die Melodien sind schmissig, besonders die flotten Chöre, im Orchester gibt es Anklänge „klassischer“ Musik — der Erfolg des Stückes ist garantiert (wie alles, was den Namen Rothschild trägt!).

Die Qualität der Aufführung ist auf höchstem Niveau, die Regie von Michael Kidd ist reich an Einfällen, lohnenden Effekten und choreographisch originell. Er hat allerdings erstklassige Solisten zur Verfügung (im heutigen Musical sind erstklassige Darsteller, die wirklich singen können, eine Seltenheit.) Hai Linden als Stammvater Rothschild, Paul Hecht als sein dynamischer Sohn Nathan und ganz besonders Keene Curtis in vier Rollen als der jeweilige nichtjüdische Gegenspieler der Rothschilds, tragen entscheidend zum Erfolg bei. Leila Martin und Jill CTayburah sind gut in den beiden Frauenrollen und John Burys bezaubernde Kostüme und Dekorationen dürfen nicht vergessern werden.

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