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Maria Theresias größter Feldherr

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FELDMARSCHALL DAUN. Maria Theresias grSßter Feldherr. Von Franz Lorenz v. Thadden. Verlag Herold, Wien-München, 1967. 580 Seiten, 1,9 Bilder, 1 Karte. S 278.—.

In der Biographie des Grafen Leopold Daun wird man „ermutigende Beispiele dafür finden, was als anständiges Soldatentum für alle Zeiten zu gelten hat“. Mit diesem Satz umschreibt der Autor den Schwerpunkt seines Werkes. Biographien großer Österreicher, die von heimischen Autoren stammen, werden oft als nichtobjektive Ver-

herrlichung oder gut gemeinte Rechtfertigung aufgenommen, ausländischen Autoren begegnet man vertrauensvoller. Franz Lorenz von Thaddens Vorfahren kämpften sowohl unter Friedrich II. als auch unter Maria Theresia, und zur Gat-.tin wählte sich Thadden eine Österreicherin, so kommt er aus beiden Lagern und entgeht der Gefahr der Einseitigkeit. Die Ansicht, Dauns Leben bedürfe keiner Detailschilderung, weil der Feldmarschall wie kaum ein anderer Feldherr im Bewußtsein der Österreicher unbestritten fortlebe, wird in der vorliegenden Biographie widerlegt. Gewiß gibt es keine die Historiker aufrüttelnden Streitfragen, doch den Menschen Daun kannte man bisher viel zu wenig und dieser Mangel ist nun restlos behoben. Die Bezeich-

nung Dauns als „Maria Theresias größter Feldherr“ ist berechtigt, denn alle Heerführer, die einen Cäsar, Karl XII., Friedrich II. oder Napoleon I. bezwungen haben, dürfen selbstverständlich mit Superlativen apostrophiert werden.

Was nun den Menschen Daun betrifft, war er fromm, strebte den Erfolg zu „Gottes Ehr“' an, zeigte

„alle Milde“, war gehorsam auch bei ihm widerstrebenden Befehlen, „als hätte er diese selbst angeraten“, war tapfer und deshalb siebenmal verwundet, durchaus jovial und kein Bramarbas. Der Verfasser führt den Leser auch in die Familiengeschichte ein, die gleichzeitig ein allgemeines Kulturbild einer bewegten Epoche ist. Des Marschalls Vater, Graf Wirich Daun, war einer der glänzendsten Staatsmänner und Feldmarschälle, Graf Leopold ehelichte eine Tochter der Gräfin Fuchs, die als Maria Theresias Erzieherin in der Kapuzinergruft ruht, so gab es unschätzbare Beziehungen, die so manche Alltagssorgen verscheuchten. Durchaus neue Beiträge liefert die Biographie zur Charakteristik Maria Theresias und ihres bedeutenden Gegenspielers Friedrichs II. von

Preußen, beide hervorragende geschichtemachende Kronenträger, doch Staats- und privatmoralisch stark unterschieden.

Strategische Fachfragen abzuhandeln vermeidet Thadden bewußt, aber dem Werden der Operationspläne geht er auf den Grund und stellt — ein Vorbild für nicht wenige Militärhistoriker — genaue Kräfteberechnungen an, die oft den nächstliegenden Schlüssel zum Verstehen von Sieg und Niederlage bieten. Sehr treffend wird auch vom System der militärischen Führung, vom Anteil der Kaiserin und ihres Gernahls, des Staatskanzlers Kaunitz und des Hofkriegsrates am Entwurf und der Generale an der Durchführung der Feldzüge berichtet. Daun hatte stets volle Dispositionsfreiheit, soweit diese nicht von den Verbündeten eingeengt wurde, er war bekanntlich auch ein bisweilen getadelter Cunctator, dessen Motive zum Zaudern scharfsinnig dargelegt werden. Dauns Verdienste durch seine Siege bei Kolin, Hochkirch und Maxen, mit denen er seine Gegner öfter geschlagen, als es irgendeinem anderen Feldherrn gelang, sind jedenfalls überragend, denn sie hinderten die zahlreichen Feinde Österreichs, ihr hochgespanntes Ziel einer Zerstörung Österreichs zu erreichen. Daß es im Siebenjährigen Krieg schließlich 1:1 stand, dazu trug Daun wesentlich bei, es verblieb zwar Schlesien den Preußen, Österreich behauptete sich aber als Großmacht fester denn je. Ein nicht uninteressanter Seitenblick auf Kolin zeigt, wer dem Feldmarschall den Sieg

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nicht weniger als 23 Mitkämpfer um den Theresienorden an, von denen jeder glaubte, die Entscheidung herbeigeführt zu haben. Ebenso interessant, daß in Dauns Relationen ebenfalls 23 Offiziere gerühmt wurden, von denen sich aber nur sechs unter den Theresienrittern finden. Mit wenigen Schlagwörtern muß noch auf den weiteren reichen Inhalt der Biographie verwiesen werden; auf Dauns grundlegende Reglements, auf die Taktikreform, auf die systematische Erziehung und Ausbildung, die Gründung der Theresianischen Militärakademie, auf sanitäre Vorsorgen u. a. m.

Auf Seite 476 ist Friedrichs des Großen Urteil über den Feldmar-scball abgedruckt: „Noch kein Feldherr wußte (wie Daun) seiner Armee ein so schreckbares Ansehen zu geben... die Österreicher gehen mit behutsamer Kühnheit alle Zeit zu Werke ... man kann sie zu keiner Schlacht zwingen ... schämen wir uns nicht, das Große der Kunst und das Vorteilhafte unseren Feinden abzulernen ... sie haben treffliche Einteilungen bei ihren Truppen und erfahrene Anführer.“ Hervorzuheben sind noch des Autors Streben im Aufräumen von Klatsch, Legenden und Fälschungen, ferner seine mühevolle Quellenerschließung und sein gewinnender Stil. Das vom Verlag vornehm und würdig ausgestattete sowie gut illustrierte Werk ist neben Duffys „Feldmarschall Browne“ („Die Furche“ Nr. 20/1967) ein zweites willkommenes Geschenk an die österreichische Militärgeschichte im Jahre des 250. Geburtstages der Kaiserin Maria Theresia.

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