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Politischer Märtyrer und Brückenheiliger

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Seinen Statuen und Bildern begegnet man auf Schritt und Tritt, vor allem in der Nähe von Gewässern: Johannes von Nepomuk gehört zu den populärsten Heiligen. Die Legende, er sei Beichtvater der böhmischen Königin gewesen und auf Befehl des Königs, der ihn vergeblich zur Preisgabe des Beichtgeheimnisses nötigen wollte, getötet worden, ist weithin bekannt.

Für Historiker steht fest, daß der um 1340/1350 geborene, aus Nepomuk in Westböhmen stammende Priester in erster Linie ein politischer Märtyrer war, ein Opfer der damaligen Machtkämpfe zwischen Staat und Kirche, konkret zwischen König Wenzel und Erzbischof Johannes Jen-zenstein. Weil sich Johannes von Nepomuk als Generalvikar des Erzbi-schofs den Plänen des Königs zur Teilung der Erzdiözese Prag widersetzte, wurde er (auch vom König selbst) gefoltert und anschließend am 19. März 1393 in der Moldau ertränkt.

Geschichtsschreiber des 15. Jahrhunderts nennen als Hauptgrund für dieses Martyrium, Johannes habe Wenzel des Königstitels für unwürdig erklärt. Zusätzlich verweisen manche darauf, er habe den König auch durch seine Weigerung, das Beichtgeheimnis zu verletzen, erzürnt - ganz ins Reich der Legende gehört also dieses Tatmotiv des Königs vielleicht nicht.

Sicher ist, daß der Tod des Johannes von Nepomuk bei der Bevölkerung Böhmens große Anteilnahme auslöste, bald auch Verehrung. Wunder wurden ihm zugeschrieben, in Böhmen gibt es nur von Maria mehr Heiligendarstellungen als von ihm. Heute wird der im Jahr 1729 Heiliggesprochene weltweit als Wasser-und Brückenpatron und auch schon als Umweltpatron verehrt.

Welche Breitenwirkung dem heiligen Johannes von Nepomuk allein in einer einzigen Region zukommt, hat der Innsbrucker Kaplan Norbert Möller in einem umfangreichen Bildband dokumentiert. Wo immer es in Tirol (dort ist der Heilige Mitpatron des Landes) oder in angrenzenden, zu Tirol in Beziehung stehenden Gebieten Darstellungen dieses Heiligen gibt - er hat sie aufgespürt und präsentiert sie in diesem Werk in Wort und Bild.

Die Person des Heiligen und seine Wirkungsgeschichte in Kirche und Kunst bringen darin nicht nur einige hervorragende Fachbeiträge (darunter ein Karl-Rahner-Vortrag „Über die Theologie des Martyriums") nahe, sondern auch Texte hoher kirchlicher Würdenträger von Papst Johannes Paul II. bis Bischof Reinhold Stecher.

Norbert Möller ist für sein mit Bienenfleiß und Akribie zusammengestelltes Werk zu danken. An seinem Buch führt für künftige Johannes-von-Nepomuk-Forscher kein Weg vorbei.

JOHANNES VON NEPOMUK

Mitpatron des Landes Tirol Bilder und Plastiken Von Norbert Möller. Kulturverlag, Thaur-Wien-München 1995. 528 Seiten, über 1000 Abb., teilweise farbig, Ln mit Schutzumschlag, öS 980,-

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