Götterdämmerung in der Opernwelt

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Mozart, Verdi, Wagner und Co sind die uneingeschränkten Götter der Opernwelt, sollte man meinen. Sie werden von Nobodys von ihrem Platz im Olymp verdrängt. Umtriebige Manager, Intendanten und Agenten sind auf der Suche nach immer neuen Sensationen und Namen, treiben Gagen und Eintrittspreise in Schwindel erregende Höhen, zerstören gewachsene Strukturen und die Karriere junger Sänger. Komponisten und ihre Werke werden zur Nebensache, die Opernwelt gerät aus den Fugen.

"Netrebkoismus" nennt Wiens langjähriger Opernchef Ioan Holender diese Krankheit; dabei strotzt Diva Anna Netrebko samt ihrem großen und kleinen Schrott, dem stolzen Papa Erwin und dem schönen Baby Tiago Arua, vor Glück und Lebenslust. Sie hat durch ihre Karriere keinen Schaden erlitten. Aufgewachsen in der eisernen Schule des Kommunismus, musste sich die schöne Russin Jahre lang hochdienen, und erst spät gelang ihr der Durchbruch; zunächst im Salzburger "Don Giovanni" im Designerlook und später in jener "La Traviata", in der sie mit Kollegen Rolando Villazón von den Medien zum Traumpaar der Oper erkoren wurde. Damit war es Schluss mit lustig - nicht für Anna, sondern für den Tenor, der Ruhm und Gagensegen solange auskostete, bis er ein Jahr pausieren musste.

Die hysterische Suche nach neuen Annas und Rolandos hatte begonnen - verursacht durch die Gier nach Sensationen und dem damit verbundenen schnellen Geschäft. Die Folge waren überstürzte Karrieren junger Sänger und klägliche Abstürze. Den größten Schaden erleiden dabei die finanzschwachen Bühnen der Länder und Städte, die bei dem Zirkus attraktiver Namen nicht mitmachen können und an Festspielen gemessen werden. Ihre Existenz wird von populistischen Politikern nur allzu schnell in Frage gestellt. Die machen sich freilich keine Gedanken darüber, an welchen kleineren Bühnen die Stars von Morgen heranwachsen können. Die Zukunft der Oper ist ihnen, wie das in Wien heißt, Powidl.

Der Autor ist Kulturjournalist im ORF.

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