Hubert und seine Umwege

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"Hubert von Goisern: Brenna tuat's schon lang": Marcus H. Rosenmüller hat ein Porträt über den Musiker gedreht, der Österreich seit langem fordert und bewegt.

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"Hubert von Goisern: Brenna tuat's schon lang": Marcus H. Rosenmüller hat ein Porträt über den Musiker gedreht, der Österreich seit langem fordert und bewegt.

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Der Hallstädtersee im Morgennebel, ein Fischerboot, darin Hubert von Goisern. Eine Szenerie, die schon vor zwei Jahrzehnten gewirkt hat, als er "Hearst es nit, wia die Zeit vergeht ..." sang. Auch heute schippert Hubert über den See, er ist älter geworden, die Zeit ist vergangen. Der Filmemacher Marcus Rosenmüller hat ihr dabei zugehört.

In seinem Filmporträt "Brenna tuat's scho lang" zeichnet er den Weg von Hubert von Goisern nach, einem Künstler, der Österreich seit einem Vierteljahrhundert ärgert und begeistert, fordert und bewegt. Manchmal bewusst, manchmal notgedrungen macht Hubert dabei auch Umwege. Die Platte, die seine Hits "Koa Hiatamadl" und "Weit, Weit weg" enthielt, fuhr ihm eineinhalb Jahre nur Absagen von Plattenfirmen ein. Die Begründung: "Du hast dich erfolgreich zwischen alle Stühle gesetzt."

Ein subversiver Racheakt

1992 wurde das Album mit dem Titel "Aufgeigen stått niederschiassen" schließlich doch produziert, markierte seinen ersten Durchbruch - und entfachte einen Kulturkampf. In einer Archivszene muss sich der junge Goiserer bei alten Goiserern dafür rechtfertigen, warum er zu seiner Musik gern hüpft. In Gesprächen blickt Hubert zurück auf die erdrückende Idylle seiner Kurort-Heimat und verrät, dass sein Künstlername "von Goisern" ein subversiver Racheakt an ihr ist.

Sein musikalisches Schaffen begann schon lange vor dem Hiatamadl. Jahrelang quälte er sich durch Kellerlokale und Beisln. Bei Zeiten vergriff er sich auch in der Geschmacksschublade. Seine Interpretation von Franz Lehárs "Gern hab ich die Frau'n geküsst" in einer deutschen TV-Show befremdet nicht nur wegen der in den 80ern dekadentypischen Stilpatzer.

Der Ausflug in die Schlagerwelt blieb aber kurz, bald traute sich Hubert zurück in den undefinierten Zwischenraum zwischen Tradition und Moderne, Stadt und Land, Welt und Dorf. Mit jeder Platte nach seinem Hiatamadl bewies er, dass er sich nicht zwischen Stühle setzte, sondern sie vielmehr zu einer Bank zusammenrückte. Das tat er bei seiner Zusammenarbeit mit tibetischen Musikern, seinem Besuch bei Schimpansenmama Jane Goodall, seiner musikalischen Reise durch Afrika. Viele der Wege werden in seinem Filmporträt nur angeschnitten.

Weitwanderer, nicht Gipfelstürmer

Intensiv begleitet die Kamera ihn aber auf seiner Schiffsreise durch Europa. Hier tritt Hubert auch erstmals im Film (und zögerlicher als in seiner Musik) als politischer Mensch in Erscheinung: In Bulgarien verlegt er ein Konzert kurzerhand ein paar hundert Meter flussabwärts, weil am vereinbarten Anlegeplatz nur zahlende Gäste eines Hotelrestaurants Zugang gehabt hätten: "Ich möchte kein Europa, wo die Reichen hier und die Armen dort sind."

"Brenna tuat's schon lang" ist ein schöner Musikfilm und ein schmeichelhaftes Porträt, das auf einen Höhepunkt hinarbeitet. Er endet auf dem Donauinselkonzert, wo Hubert "Brenna tuats guat", seinen ersten Nummer-1-Hit, vor einer Fanmasse zum Besten gibt. Der Applaussturm weht bis ins Salzkammergut, zu Hubert im Fischerboot. Kommt nach dem Gipfel - wie bei jeder Tour - der Abstieg? Hubert ist kein Gipfelstürmer, sondern ein Weitwanderer. Am 8. Mai erscheint sein neues Album "Federn".

Hubert von Goisern: Brenna tuat's schon lang

D/A 2015. Regie: Marcus H. Rosenmüller. Apomat. 92 Min.

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