Ideen aus dem Müll der Geschichte

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Der Städtebauer, Architekt Rem Koolhaas steht im Mittelpunkt einer Ausstellung in Wien.

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Der Städtebauer, Architekt Rem Koolhaas steht im Mittelpunkt einer Ausstellung in Wien.

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Rem Koolhaas hat Spaß an seinem Job, und damit auch Erfolg. "Auf dem Müll der Geschichte liegen die ergiebigsten Ideen," meint er souverän. Heute zählt er zu den bekanntesten Architekten der Welt, und immer noch strahlen seine Bauten und Projekte die rotzige Frechheit aus, für die er berühmt ist. Das Architekturzentrum Wien im Museumsquartier zeigt von 23. September bis 16. November eine Ausstellung über Koolhaas' neues Buch "S, M, L, XL" und seine Villenbauten.

1944 in Rotterdam geboren, lebte Koolhaas zwischen dem achten und zwölften Lebensjahr eine Zeitlang in Indonesien. Dann ging er nach Amsterdam. Dort arbeitete er als Journalist und Drehbuchautor, hatte aber bald genug von Presse und Film. Er hängte die Schreiberei an den Nagel und studierte Architektur in London. 1972 war er fertig, drei Jahre später beginnt der rasante Aufstieg zur Berühmtheit.

Mit Elia und Zoe Zenghelis und Madelon Vriesendorp gründet er OMA, das "Office for Metropolitan Architecture". Das OMA betrachtet Architektur nicht als Expertenthema und macht daraus eine Trademark. Kunst, Kultur, Medien und alles, was sich rundherum abspielt, wird ins Planen einbezogen. Zu Beginn theoretisch. Man schreibt, publiziert, erstellt Thesen und Manifeste. "Delirious New York: a retroactive Manifesto for Manhattan" wirbelt 1978 Staub auf. Damit ist der legendäre Grundstein zur Baukarriere neben der Professorentätigkeit gelegt.

Vom Einfamilienhaus zur Stadtplanung: Koolhaas beherrscht jeden Maßstab. Die Villa Dall'Ava, die aussieht wie ein UFO, das im Wald gelandet ist - eine wellblechverkleidete Fassade mit großen, horizontalen Fenstern, die auf schrägen, insektenbeinähnlichen Stützchen steckt. Die "Kunsthal" in Rotterdam mit ihren falschen Bäumen, der grünen Glasfassade und der Eingangsrampe. Das Zentrum für Kunst und Medientechnologie in Karlsruhe über einer Autobahn.

Was Koolhaas angreift, wird besonders. In der neuen Kunststadt "Euralille" legte er den Masterplan fest. Außerdem bereichert er den hypermodernen Verkehrsknotenpunkt um einen Kongreßpalast. Schiefe Stützen, freiliegende Wärmedämmung, Rampen, Blech und das Äußere einer Auster zwingen selbst EU-Beamten zu ein bißchen Lockerheit. "Automatische Überschätzung des Bestehenden, systematische Idealisierung, spekulative Bombardierung, die selbst das investiert, was es an Mittelmäßigstem gibt," definiert Rem sein Erfolgsrezept. Für alle, die es besser verstehen wollen, hat er wieder zur Feder gegriffen. Gemeinsam mit dem kongenialen Grafik-und Designpartner Bruce Mau ist ein neues Kultbuch entstanden: "S, M, L, XL". Es hat 1.343 Seiten, eine tolle Grafik und biblische Kapitelüberschriften: Vorspiel, Unschuld, Unglaube, Babel. Also doch Architektur.

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