Eine Parteijugendorganisation wirft ihre ganze Werbepower in – ja, in was? In die Durchsetzung von U-Bahnverkehr an Wochenenden rund um die Uhr. Ihre Mutterpartei kündigt eine totale Offensive in Richtung Jugend an. Andere Parteien setzen gleich Jugendliche in Parteizentralen oder organisieren Disco-Touren für ihre Obleute. Die Kirchen klagen über einen Schwund an Jugendlichen und drohen auch immer wieder verstärkte Bemühungen um die Jungen an. Diese seien die Zukunft.
Aber könnte es sein, dass die Jungen spüren: den „Erwachsenen“ geht es schon lange nicht mehr um die Zukunft und deshalb auch nicht um die Jungen? Könnte es die stickige Luft unter der Käseglocke über den Gesellschaften unserer Breiten sein, die den Jungen stinkt? Dass tatsächlich kein Geld da sein soll, um wenigstens das zur Entwicklungszusammenarbeit beizutragen, was man versprochen hat, ist beschämend, aber doch nur ein Symbol für die Gesamtausrichtung des gesellschaftlichen Lebens und der dazugehörigen Politik. Dass man vom „Klimawandel“ spricht und nicht – wie bei der scheinbar wichtigeren Wirtschaft – auch von einer „Klimakrise“, ist bezeichnend genug. Aber auch ein Symptom dafür, dass noch nicht einmal die Realität wirklich zur Kenntnis genommen wird. Und die das Sagen haben und nichts tun, außer sich selbst noch möglichst viel vom Jetzigen zu genehmigen, die „Erwachsenen“, wundern sich, dass der eine Teil der Jugend das Interesse am Wortgeklingel namens Politik verloren hat und der andere gleich dazu übergeht, sich zuzudröhnen, weil eh alles wurscht zu sein scheint.
Ein Entwurf von Gesellschaft und Politik, der von langfristigen Prioritäten ausgeht, der vom globalen Horizont her zurückdefiniert wird in die kurz- und mittelfristigen Fragen. Ein solcher Entwurf würde vielleicht die wieder aufhorchen lassen, um deren Zukunftschancen es geht.
* Der Autor ist Pfarrer in Probstdorf und Universitätsseelsorger
