Kaiser Max auf Piz Salü

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Jahr der Berge-Ausstellung in Innsbruck.

Kaiser Maximilian I., der Letzte Ritter, würde vermutlich recht verdutzt dreinschauen, könnte er heute einen Blick in sein einst waffenstarrendes Zeughaus werfen: Ahnungslos öffnet man dort ein Fenstertürl, schon saust eine erbarmungslose Schneelawine herunter und wirft mit den Trümmern einer ehemaligen Almhütte um sich - na, jedenfalls beinahe. Flüchtet der solcherart attackierte Museumsfreund darauf ziemlich perplex hinter einen harmlos scheinenden Vorhang, braust sogleich ein entfesselter Wasserfall zu Museums-Tal, vor dem man sich schnellstens hinter dem schützenden Steinwall "Alpine Line" von Richard Long verkriechen sollte. Der Wall ist echt, Lawine und Wasserfall nicht. Sie sind - mit vielen anderen Exponaten aktueller, zeitgenössischer Künstler - Teil der Schau "Mo(u)numental" (ein Wortspiel zwischen "mountain" und "monumental") im Rahmen des "Internationalen Jahres der Berge" und entspringen einer Videoinstallation von Stephan Huber und Monica Studer/Christoph van den Berg.

Erholung vom ersten Schock

Hat man sich vom ersten Ausstellungs-Schock erholt, kann die Runde durch die Dokumentation mit einem Prolog des alten Tiroler Malers Joseph Anton Koch starten: Berge und Landschaft, heroisch, erhaben, reizvoll idealisiert, voller Ethik wie u. a. "Das Berner Oberland" von 1817.

Dann geht's flott weiter bergauf in die zeitgenössischen, ebenfalls erhabenen "Fremden Gärten" von Caroline Dlugo, die ihren fotografischen Landschaften am Computer digitalisierte Bildelemente einfügt und zu einer neuen künstlichen Idealwirklichkeit verhilft. Mit leichtem Knieschlottern folgt man dann Christian Stocks Videospuren über Stock und Stein "Eine Stunde bergab" und ruht danach gemütlich in Silvie Riants "Seelenlandschaften" aus. Gut ruhen ließe sich auch in den "Männlichen" und "Weiblichen" Steinhäusern von Wilhelm Scherübl, die für eine stramme "Hausgeburt" sorgen und mit dieser Dreier-Skulptur ein stimmiges Verhältnis von Natur, Kunst und Kultur herstellen.

Aus der Vogelperspektive

Die Maler Herbert Brandl, Nino Malfatti, Johann Weyringer und Helmut Ditsch nähern sich dem Monumentalen in der Landschaft mit expressiv-züngelndem, auch rationalem oder hyperrealem Pinsel - je nach ihrer stilistischen Eigenart. Michael Höpfners und Walter Niedermayrs Fotolinsen nehmen alle Schattierungen der Alpenlandschaft wahr. Sie entdecken ihre Schönheit und Wildheit, aber auch ihre - allerdings nicht immer - wehrlose Ausgesetztheit dem Menschen und seiner gedankenlosen Willkür gegenüber.

Nach absolviertem Ausstellungsgenuss bietet sich dem Bergfreund und "Museumsbesteiger" noch die prima Möglichkeit, die Zeughauslandschaft und ihre Giebel-Gipfel aus der Vogelperspektive zu umkreisen. Er klettert, so er sich traut, in eine Klein-Gondelbahn, errichtet von Patrick Baumüller, und lässt sich gemächlich himmelwärts tragen - auf den "Piz Salü". Eine tolle Sache, der auch Kaiser Maximilian, der Erste Kanonier, wackere Bergsteiger und Gamsjäger gewiss nicht abgeneigt gewesen wäre. Berg Heil! Helga Reichart

Bis 6. Oktober 2002;

täglich 10-17 Uhr,

Donnerstag 10-21 Uhr

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