Kunst in Zeiten des Fremdenrechts

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So elegant sitzt die Brille auf seiner Glatze, dass man, auch wenn er sie ins Gesicht zieht, nicht weiß, ob Luc Bondy sie wirklich benötigt, um besser zu sehen. Hat der Polyglotte im Vorjahr kurz die falsche Sprache erwischt, so hätte er diesmal fast vergessen, dass Stéphane Lissner für die anwesenden Banausen noch aus dem Französischen übersetzt werden muss. Seine Marivaux-Inszenierung in Paris war natürlich ein großer Erfolg, wie er zur Vorsicht gleich selbst verkündet - auch das gehört zur Inszenierung. Wieder einmal war Pressekonferenz der Wiener Festwochen.

Diesmal noch im Kaffeehaus, doch sollte das absurde Regierungstheater ausnahmsweise einmal nicht nur die Menschen- und Bürgerrechte überrumpelungsartig einschränken, sondern auch gegen den Qualm in den Gaststätten effizient werden, dann muss diese Pressekonferenz sicher verlegt werden; denn in Journalisten- und Künstlerkreisen ist Selbstzerstörung durch Nikotin noch immer schick. Aber keine Angst, die Koalitionstruppe ist ohnedies vom Innenminister auf Trab gehalten, der noch den Aufschub des inhumanen Abschubs zynisch als human verkauft.

Stefanie Carp, die neue Schauspielchefin der Festwochen, will statt vorgegebener Stücktexte heutige Lebensumstände zur Darstellung bringen, da haben auch Menschen mit Migrationshintergrund eine Bühne - im Zyklus "Into the City" geht es um "Black Austria". 2008 haben die Festwochen das Thema Zukunft im Visier und loten dafür erst einmal die Ist-Situation aus. Aus Lego nachgebaute brasilianische Favelas, biografisches und dokumentarisches Material dienen der Lebensvermessung.

Wen die Weihnachtsbeleuchtung nicht blendet, die erschreckenden Seiten Österreichs wahrzunehmen, der möchte dem Fanclub, den die Festwochen jetzt gründen wollen, gerne beitreten. Trotz der Selbstinszenierung ihres Intendanten.

cornelius.hell@furche.at

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