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Das Wiener Schaufenster

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In der Neuen Wiener Handelsakademie ist eine Ausstellung zu sehen, die im Besucher den Eindruck hinterläßt, daß sich die Österreicher trotz aller Schwierigkeiten und Hemmnisse, die ihnen in den Weg gefegt werden, von ihrem Kulturniveau nicht abbringen lassen. Wientr Geschmack, manchmal als Schlagwort gebraucht, manchmal als Exportartikel gepriesen, ist mehr als nur tote Materie, ist etwas Lebendiges. Diese Ausstellung des Lehrganges für Schaufenstergestaltung, unter den schwierigsten Umständen aufgebaut, da weder aus dem Vollen geschöpft werden konnte noch die Möglichkeit einer durchgreifenden Propaganda bestand, zeigt, welch ein gesunder Aktivismus und welcher Glaube an die Wiederherstellung des wirtschaftlichen Gleichgewichts unserer Heimat vorhanden ist. Die Werbung und der Ruf der Wiener Schule der Schaufenstergestaltung ging schon immer über die Landesgrenzen hinaus. Die Schweiz und Dänemark,. die Tschechoslowakei, Ungarn und die Balkanländer, sie alle schickten Schüler, um sie in Wien Scharm und Geschmack erlernen zu lassen. Österreich mit seiner berühmten Galanteriewarenindustrie, mit seiner Kleinkunst, seinen beliebten Lederwaren und seiner Mode ist auch der natürliche Platz für eine gediegene Schaufensterkultur. Fast spielerisch und mit den billigsten Mitteln improvisierend zeigt diese Ausstellung die Kunst, zu gefallen und zu werben. Da 'wird die Lösung des Problems des ausgebombten Geschäftes durch geschmackvolle Verschalung der Auslage gezeigt, da wird das leere Auslagenfenster durch interessante Versuche einer Werbung für heute noch nidit erhältliche Waren belebt. Papier und Stoffreste, Tapetenstücke und Photographien, alles kann, wie man sieht, verwendet werden, alles muß auch dazu benützt werden, um dem noch zerfurchten Wiener Straßenbild die alten Farben und die gewohnte Atmosphäre zu geben, die weit über die Grenzen bekannt war. Die Initiative der Schule für Schaufenstergestaltung muß begrüßt werden als eine bemerkenswerte Anregung für das Wiener Wirtschaftsleben und als ein Zeichen österreichischer Lebenskunst.

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