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Ungebärdiger Strich

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Theodore Gericaults Bild „Das Floß der Medusa” gehört zu den schrecklichsten, grauenerregendsten Werken aus dem Anfang des 19. Jahrhunderts. Schiffbrüchige haben sich auf ein Floß gerettet, sehen aber dem sicheren Tod entgegen. Ihre in expressiver Gestik gezeigte Verzweiflung ist eine radikale Absage an den klassizistischen Schönheitsbegriff. Vor zwei Jahren wurde der heuer verstorbene Martin Kippenberger mit diesem Bild konfrontiert und zu einer eigenen Auseinandersetzung mit dem Thema angeregt.

Zunächst machte seine Frau Elfie Semotan eine Fotoserie, die den Künstler in den Posen zeigt, welche Gericaut seinen Schiffbrüchigen gegeben hat. Im vergangenen Jahr entstanden dann jene 14 Lithographien, die nun in der Klagenfurter „Galerie 3” ausgestellt sind, Kippenberger zeichnet sich selbst als tot auf dem Floß liegendes Opfer, als Resignierenden, als Hoffnungsvollen, schließlich bleibt noch ein Selbstbildnis aus einem eigenartig schwebenden Zwischenland von Leben zum Tod.

Der Strich ist ungebärdig, dabei sicher in der Expression, und wüßte man nicht, daß er kein gebürtiger Österreicher war, würde man ihn in die Tradition von Schiele und Kokoschka stellen. Zwei Farbradierungen - „Egg Man” und „Egg Lady” -zeigen den Künstler von seiner surrealistischen Seite. Fünf Farbradierungen haben ein völlig anderes Sujet: Geradlinige Elemente, wie Teile komplizierter Maschinen, ergeben Bilder von hohem ästhetischen Reiz.

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