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Der Diogenes aus Wien

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Er war, was man in Wien an Noan nennt. Und er hatte gewifi nichts dagegen, fiir narrisch gehalten zu werden: „Kommen Sie naher, ich erzahle Ihnen, warum ich so geworden bin", pflegte er jenen zuzurufen, die ihn das "erste Mai sahen und mit einer Mischung aus Belusti-gung und Verwunderung stehen-blieben. Das waren freilich vor-wiegend Gaste in der Stadt, den meisten Wienern war Waluliso als Original vertraut. Aber auch sie nahmen sich Zeit, um sich Wickerl Weinbergers geballte Zi-vilisationskritik zu „geben".

Von WAld, LUft, LIcht und SOnne war da die Bede und von unserem ausbeuterischen Umgang damit, von der Sinnlosigkeit des Uberflusses, von FKK - und vor allem und immer wieder hiefi es Friiiede!

Wie alle Fundis war Waluliso auch ein bifichen intolerant; aber es war nicht gefahrlich - er konn-

te hochstens zornig werden, wenn er das Gefiihl hatte, man horte ihm nicht zu. Und er war natiir-lich iiberzeugt, daB nicht er sondern die anderen verriickt sind.

Vielleicht ist es aber auch so, daB sich eine verriickte Zeit wi-derspiegelt in ihren Narren, das Ver-riickte einer Epoche gewisser-maBen uberkompensierend ...

Den Trends konnte sich freilich Waluliso nicht entziehen: Profes-sionalisierung, Asthetisierung und Kommerzialisierung lieBen sich auch an ihm fein studieren, er wurde zum Tourismusobjekt und Postkartenmotiv. Doch selbst Diogenes muBte heute wohl zusehen, wie Fasser unter seinem Namen, en miniature und mit Schnaps ge-fiillt, feilgeboten werden.

Der Wiener Diogenes Wickerl Weinberger hat nun vielleicht ge-funden, was ihn ein Leben lang auf seine Weise umgetrieben hat - Friiieden.

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