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Ernst beiseite

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Die humoristische Wochenschrift „Punch“ ist eine veritable Macht in England. Derzeit unterstützt sie die Labour-Regierung, hat auf nicht unwesentliche Weise deren konservative Vorgängerin zum Sturz und Labour zum Gewähltwerden verholten. Dennoch ist der „Punch“ unabhängig.

Lord Moran, der Leibarzt Churchills, beschreibt in seinem eben erschienenen Buch über die letzten 15 Jahre im Leben seines großen Patienten, wie der „Punch“ mit einer einzigen Karikatur vermochte, wozu bis dahin weder Churchills beste Freunde noch seine Gegner imstande gewesen waren: den greisen aber widerborstigen Staatsmann davon zu überzeugen, daß seine Zeit, die aktive Politik zu verlassen, gekommen sei. Als Churchill jene Karikatur sah, welche die Unterschrift trug: „Eine nichtendenwollende Geschichte“, und auf der das Idol der Nation als hilfloser Steuermann mit schütterem, wirrem Haar das durch hohe Wogen wankende Staatsschiff mit schwächlichen, aufgedunsenen Händen steuernd, dargestellt war, sagte er erschüttert zu Moran: „Wenn meine Arbeit nicht mehr gut genug ist, wenn ich mein Geld nicht mehr wert bin, dann muß ich gehen.“

Christopher Soames, Churchills Schwiegersohn und Privatsekretär, schrieb darnach einen vorwurfsvollen Brief an den Herausgeber des „Punch“, den er persönlich gut kannte. Muggeridge schrieb zurück: „Ich bin Journalist und muß meine Pflicht als Journalist tun. Wenn ich eine Meinung habe, muß ich sie äußern. Ich bin einer der größten Verehrer Churchills, aber er kann’s einfach nicht mehr leisten.“ Er nannte sodann einige der offenkundigsten Versager Churchills in der Politik. — Zwei Monate später übergab Churchill die Führung an Eden.

Man möchte uns und allen ernsthaften Organen der , österreichischen Öffentlichkeit vergönnen, so ernst genommen zu werden wie dieses britische Witzblatt.

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