Märchenhafte Inszenierung, schwerelose Tänzer

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Jochen Ulrichs Inszenierung von "Anna Karenina" am Linzer Landestheater ist ein grandioses Tanzstück über Liebe, Leidenschaft und Tod geworden.

Ballettdirektor Jochen Ulrich hat Leo Tolstois Roman "Anna Karenina" als Tanzstück über Liebe, Leidenschaft und Tod in grandioser Choreografie und Inszenierung mit Musik von Sergej Rachmaninoff (1873-1943) auf die Bühne des Großen Hauses gebracht. Man weiß, dass Ulrich für seine Neuschöpfungen gerne literarische Stoffe sucht, die er dann, stets mit dem größten Respekt vor dem Werk, mit der gewählten Musik verknüpft. Diesmal musste er jedoch sein Libretto in die vorhandenen Musiken einpassen, und zwar in die Symphonien Nr. 2 e-moll und Nr. 3 a-moll, wie auch in die Symphonische Dichtung für Orchester a-moll, "Die Toteninsel". Eine herrliche Musik, die diesmal aber nicht aus dem Orchestergraben, sondern von der Hinterbühne her zu hören ist, wo auch das Bruckner Orchester Linz mit seinem Dirigenten Ingo Ingensand in großer Besetzung platziert ist und durch eine hohe Türgalerie auch gesehen werden kann.

Betörender Einsatz von Licht

Apropos Bühne: Alexandra Pitz hat sie um den überdachten Graben erweitert und praktikabel schlicht und zeitlos ausgestattet, denn die Tänzer, aber auch die Tänzerinnen im Stoff- und Farbenrausch ihrer prächtigen Kostüme (Marie-Therese Cramer) brauchen Platz für ihre Drehungen, Sprünge und Hebungen. Als besonders schönes Bühnenelement kann der betörende Einsatz von Licht (Johann Hofbauer) gelten: Sechs glitzernde und gleißende Kristallluster werden effektvoll gehoben und wieder abgesenkt. Fast wie im Märchen.

Allein, die Geschichte von Anna Karenina (Anna S?te?rbová) ist alles andere als ein Märchen, obwohl sie so begonnen haben mochte, als Anna den hohen, standesbewussten Staatsbeamten Alexej Karenin ehelichte: Martin Dvor?ák, kühl, unnahbar und von großer Strenge, auch zu seinem kleinen Sohn Serjoscha (Levin Hofmann), den Anna über alles liebt, und den sie doch verlieren wird, ist er doch ein Pfand in der Hand seines Vaters, nachdem sich Anna unsterblich in den Offizier Alexej Wronski (Ziga Jereb) verliebt hat und sich scheiden lassen will. Für eine kurze, hoffnungsvolle Zeit blüht Anna an seiner Seite auf, aber sie hat Angst - und man sieht ihr diese auch an -, dass Wronski das gewohnte gesellschaftliche Leben fehlen und sie ihn auch verlieren könnte.

Vorzügliche schauspielerische Darstellung

Eine Angst, die berechtigt ist, da die ach so moralische Sankt Petersburger Gesellschaft - und darüber hinaus die russische des 19. Jahrhunderts, wie sie von Tolstoi in seinem Roman charakterisiert, von Ulrich in seinem Tanzstück vorgeführt und durch die auch schauspielerisch vorzügliche Compagnie Ulrichs dargestellt wird - Anna Karenina als treulose und unmoralische Ehefrau brüskiert. Obwohl noch ein großes Geflecht von Freunden und Verwandten der drei Protagonisten existiert, über die es allenfalls viel zu erzählen gäbe, sei nur noch erwähnt, dass die Tänzer und Tänzerinnen trotz ihrer athletischen Ausrichtung den Eindruck von absoluter Schwerelosigkeit machen.

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