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Herr Karl, Scientology und die „Freunde im Parlament“

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„Scientology“ und andere selbsternannte Heilslehren verfügen über ebenso gutinformierte wie anonyme Förderer.

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„Scientology“ und andere selbsternannte Heilslehren verfügen über ebenso gutinformierte wie anonyme Förderer.

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Am 23. Februar brachte die Grüne Fraktion 51 parlamentarische Anfragen „betreffend Aktivitäten destruktiver Kulte“ ein (dazu Seite 3 und 8). Nur wenige Tage später – ohne daß die Medien darüber detailliert berichtet hätten – waren die Betroffenen bereits bestens im Bilde: Mit Datum 6. März beklagte sich der bekennende „Scientologe“ und Betreiber diverser Lernhilfe-Institute, Helmut W. Karl (siehe FURCHE 5/1994), bei Unterrichtsminister Rudolf Scholten. „Wie ich von Freunden aus dem Parlament erfahre“, schreibt Karl an Scholten, „liegt Ihnen von den Grünen eine Anfrage vor, in der meine Tätigkeit in rufmordender Weise als ,gefährlich‘, ,unse-riös‘ und mein Unternehmen als ,Vorfeldorganisation‘ (von Scientology; Anm. d. Red.) bezeichnet wird.“ Denn Karl ist stets bemüht – nicht ohne Erfolg auch vor Gericht – die Nähe seiner Institute zu Scientology zu dementieren.

In einer unter Karls Verantwortung erschienen „Lernfibel“ freilich preist er „die fundamentalsten Entdeckungen L. Ron Hubbards in einer leicht faßlichen Form“ an. Hubbard war der Gründer von Scientology.

Ebenfalls Anfang März, unmittelbar nach den Anfragen der Grünen, startete eine wohlbekannte Gruppierung eine Gegenaktion: die „Initiative Neue Linke“ (FURCHE 4/1994). Via Flugzetteln warnten die selbsternannten Linken vor Petrovic, Pilz.& Co.: „Grüne Hexenjäger betreiben die Endlösung der Meinungsfreiheit“ titelte die Initiative, die sich zuletzt mit

Scientology und anderen auf einer „Plattform für Religionsfreiheit“ gefunden hatte. Neben dem Faksimile-Abdruck von Teilen der Grün-Anfragen und den üblichen Hetztiraden gegen die „christlichen Großkirchen“ findet sich in der Propagandaschrift auch Skurriles. So bezichtigen die Verfasser die „grünen Denunzianten“ Nazi-Methoden anzuwenden: „Wehret den Anfängen! Das gilt auch dann, wenn der Grüne als Brauner den Freiheitshelden mimt.“ Doppeldeutig ist der Schlußappell der Neuen Linken: „Die Grünabgeordneten Heindl, Petrovic sowie deren noch feigeren Freunde sind für jeden zukünftigen Fall sozialer Existenzvernichtung oder gewalttätiger Übergriffe verantwortlich.'

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