Opern letzter Dinge

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Schönberg und Puccini in der Wiener Staatsoper kombiniert.

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Schönberg und Puccini in der Wiener Staatsoper kombiniert.

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Was ist ein "Opernabend der letzten Dinge"? Für die Wiener Staatsoper, wenn auf Arnold Schönbergs Oratorium-Fragment "Die Jakobsleiter" Giacomo Puccinis Einakter "Gianni Schicchi" folgt. Eine ungewöhnliche, aber argumentierbare Kombination: Schönbergs thesenhaftes Werk von geradezu kosmischer Tragweite und Puccinis zutiefst irdische Sittenkomödie sind demnach zwei Seiten einer Medaille; was die "Jakobsleiter" universell postuliert, malt "Gianni Schicchi" als Einzelschicksal aus.

Eine Treppe, auf der man sich stets aufwärts müht, aber dennoch immer im Kreis geht, versinnbildlicht in Marco Arturo Marellis glänzender Regie und in seinem beeindruckenden Bühnenbild Schönbergs Glauben an die Seelenwanderung. Erlösung im christlich-jüdischen Sinn gibt es keine: der grimmige Gabriel lässt niemanden auf seiner gigantischen Leiter hinaufsteigen ins Himmelreich. Doch seitlich öffnet sich jenen, die bereit sind ihr Ich aufzugeben, der Pfad ins Nirwana. Dem Publikum des mühsamen Zwölfton-Werkes bieten, wenngleich keine Erlösung, dann zumindest Trost: der ausgezeichnete Chor unter Ernst Dunshirn und die große Schauspielerin Kirsten Dene als Sterbender.

Heiterer geht es bei "Gianni Schicchi" zu: Auch hier laufen die im wahrsten Sinne des Wortes aufgeblasenen Angehörigen des soeben verstorbenen Buoso auf besagter Treppe im Kreis, aber nur um bald innezuhalten und in einem riesigen Schrankkoffer, Sinnbild alles Materiellen, zu wühlen. Wenn sie als betrogene Betrüger schimpfend von dannen ziehen, so nehmen sie den selben Weg, der zuvor noch ins Nirwana führte. Es begeistern Leo Nucci als schlauer Titelheld, Angelika Kirchschlager als seine Tochter Lauretta, Juan Diego Florez als naiver Rinuccio sowie Nelly Boschkowa und Walter Fink als Anführer der Familien-Bande. Nicht zu vergessen Michael Boder, der für eine sehr gute musikalische Leitung verantwortlich zeichnet.

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