Porträts zwischen Duino und Triest

Werbung
Werbung
Werbung

Günther Schatzdorfer zeichnet ein melancholisches, liebevolles Porträt von Freunden und Bekannten in Triest und in Duino. Das Buch rückt manch falsches Bild von Triest historisch wieder zurecht – und bietet ein einmaliges, nützliches Lexikon.

Der Autor und Maler Günther Schatzdorfer hat in diesem Buch ihm bekannte Menschen und deren Schicksale in seiner zweiten Heimat Duino und Triest zum Thema gemacht. Zweite Heimat? Vielleicht ist es angemessener, von Schatzdorfers wirklicher Heimat, von seiner Lebensgegend zu sprechen. Der Künstler kennt das Gebiet zwischen Isonzo und slowenischem Karst seit 30 Jahren – und damit wahrscheinlich besser als mancher Einheimische. Zwischen den geografischen Eckpunkten des Bandes, dem kleinen Fischerort Duino mit seinem Schloss hoch über der Adria und der vom Schicksal hart geprüfte Metropole Triest, spannt er den Bogen menschlicher Schicksale.

Besatzung, Deportation und Terror

Etwas Wichtiges zuerst, direkt aus diesem Buch: Schatzdorfer versteht es, die Stadt Triest von einem gängigen Klischee einer reichen k. u. k. Hafenstadt zu befreien. „An dieser Stadt ist keine Misere des 20. Jahrhunderts vorübergegangen: zwei Weltkriege samt der folgenden Wirtschaftskrisen, der zweimalige Verlust des Hinterlandes, die Besetzung durch die Deutsche Wehrmacht samt Deportation der verbliebenen jüdischen Bevölkerung und der Verschickung der slawischen Jugend zum Arbeitseinsatz ins „Altreich“, vierzig Tage der Schreckensherrschaft durch die Tito-Partisanen ...“ Wenige Zeilen reichen dem Leser, um mehr zu wissen.

Das Herzstück des Buches aber sind die Beschreibungen von Schatzdorfers Bekannten. Es öffnet sich ein weiter Kosmos vielfältiger Figuren.

Ihre Auswahl steht für die widersprüchliche und zerrissene Gesellschaft des Küstenlandes an der oberen Adria. Der Avvocato Floredan mit der Körperhaltung eines römischen Senators hat genauso seinen Platz wie Lina, die „Partisanin“, eine in die Jahre gekommene Schönheit mit zweifelhafter Vergangenheit, oder Pino Mortadella, ein ebenso charmanter wie bauernschlauer Triestiner, der sein Lebtag mit „Waren aller Art“ handelte und es damit zu Wohlstand und Ansehen brachte.

Schatzdorfers Menschenbilder sind nie zynisch. Sie sind immer geprägt von der Achtung, die er den Porträtierten gegenüber hat. Wie authentisch und wahrheitsgetreu Günther Schatzdorfer seine Schauplätze schildert, zeigt das Kapitel über die „Dama Bianca“, das einst legendäre Restaurant im kleinen Hafen von Duino. Ich war noch vor Kurzem an Ort und Stelle, um mir ein eigenes Bild von Duino zu machen. Des Autors Meinung, dass man dort den Tourismus nicht unbedingt fördern will, kann ich nur bestätigen. Der Weg zum Hafen ist ebenso unbeschildert und schwer zu finden wie der Einstieg zum Rilke-Weg, und der einstige kulinarische Tempel am Meer ist heute nichts weiter als ein herkömmliches Restaurant in einem nichtssagenden Gebäude aus Stahlbeton. Trotzdem kann man der Faszination dieses Ortes nur schwer entgehen.

... eine gute Ergänzung der Porträts

Die „Triestiner Portraits“ beinhalten gute Tipps für die Zubereitung von Fisch und Fleisch auf „Duineser Art“. Dem gemeinsamen Essen und Trinken wird breiter Raum gewidmet. Der Anhang birgt ein Service für Freunde der Mittelmeer-Küche: In einem ebenso außergewöhnlichen wie nützlichen, 18 Seiten umfassenden Lexikon sind Fische, Krustentiere, Muscheln und andere Meeresfrüchte mit Skizzen, Namen und Zubereitungsarten abgebildet.

Das Fazit? Der Band macht Lust auf Reisen nach Triest und Duino, selbst wenn die Porträtierten fehlen. Fisch und Wein sind da.

Triestiner Portraits Menschen zwischen Karst und Levante

Von Günther Schatzdorfer Verlag Carinthia 2010 222 Seiten, € 19,95

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung