Werbung
Werbung
Werbung

Die amerikanische Künstlerin Jenny Holzer im Wiener Museum für Angewandte Kunst.

Die 1950 in Ohio geborene Jenny Holzer begann ihre Karriere als abstrakte Malerin. Nachdem sie ihre Existenz als "ganz passable Streifenmalerin der dritten Generation" nicht zufrieden stellte, begann sie über einige Umwege mit Schrift und Sinnsprüchen zu experimentieren. "Will man eine Kultur schnell ändern, muss man nutzen, was in ihr dominiert", schrieb sie in großen Leuchtschriftlettern über den Giebel von Caesar's Palace in Las Vegas.

Plakate und Schilder

Wie für viele andere ihrer Generation wurde die Vorstellung einer eigenen künstlerischen Handschrift, die aufgrund einer besonderen Strichführung oder eines unverkennbaren Farbauftrages zu einem Markenzeichen wird, eine suspekte Vorstellung. Holzer zog sich in ihrer Technik auf anonyme Formen zurück - Plakate, T-Shirts, gravierte Steinplatten, Schilder aller Art, Leuchtschriftbänder und Lichtprojektionen werden von unzähligen Werbeagenturen quer über den Globus genauso verwendet. Von schlichten Einzeilern bis zu hochkomplexen Elegien und Meditationen reichen auch Holzers Botschaften, die sie scheinbar beiläufig in das alltägliche Buhlen um Kundschaft einstreut.

Wie dieses Buhlen möchte auch Holzer die Aufmerksamkeit der Vorbeieilenden wecken, ihre Texte führen aber nicht ins nächste Geschäft, sondern in die Abgründe der menschlichen Befindlichkeit.

Denn genau dorthin treibt es die Kunst, "wer nicht radikal ist, ist langweilig", Holzers Sinnsprüche wollen bis zur Wurzel reichen. Das erwähnte Erleuchtungsschriftband aus Las Vegas markiert nicht nur einen politischen Auftrag an mündige Bürger, sondern ebenso gut die Maxime von Holzers Kunst. Es gibt keinen Umweg um unsere moderne Zeit, man kann gar nicht tief genug in sie eintauchen; dann allerdings tritt die Richterin Jenny Holzer auf, die mit ihren Arbeiten eine etwas andere Richtung vorgibt.

In der Ausstellung im mak kooperiert Holzer bei der großen Lichtprojektion im Hauptraum mit Österreichs Literaturnobelpreisträgerin Elfriede Jelinek. Der Textausschnitt "paula wurde zwar das genick gebrochen, doch" aus deren "Liebhaberinnen" von 1975 erzeugt eine provokant offene Situation. Wer will, kann natürlich bei Jelinek nachblättern, es reicht aber schon, diesen Text als den Raum, als den er sich tatsächlich darbietet, einfach zu betreten.

Die nachfolgende Betretenheit zeugt von Holzers Gespür, mit ihren Installationen und Projektionen öffentliche Nachdenklichkeit zu erzeugen. Sie war und ist eine politische Künstlerin, die Aufklärungsarbeit betreibt. Die zwanzig Jahre alte Frage "Welches Land kann man noch wählen, wenn man arme Leute hasst?", prangt in glitzernder Schrift wie die Seitenwunde des Gekreuzigten als Lampe in die eingebildete moderne Welt hinein.

Nicht nur mit Jelinek-Texten

Bleibt noch die Frage: Hat Jenny Holzer die Textfragmente von Elfriede Jelinek nur verwendet, weil diese den Literaturnobelpreis gewonnen hat? Nein, dies belegt Holzers Zusammenarbeit mit anderen Schriftstellern, die keine so große mediale Präsenz aufweisen können. Für alle sonst noch möglichen Fragen kann man getrost auf Holzers Klassiker aus der Serie Survival zurückgreifen, wo eine Leuchtschrift verrät: "Schütze mich vor dem, was ich will."

Jenny Holzer, XX

Museum für Angewandte Kunst

Weiskirchnerstraße 3, 1010 Wien

www.mak.at

Bis 17.9. Di 10-24 Uhr,

Mi-So 10-18 Uhr

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung