Rausch der Farben und Sinne

19451960198020002020

Triumphale Eröffnung der Bregenzer Festspiele mit der Opernrarität "L'amore dei tre re".

19451960198020002020

Triumphale Eröffnung der Bregenzer Festspiele mit der Opernrarität "L'amore dei tre re".

Werbung
Werbung
Werbung

Bregenz trumpft heuer mit einer Opernrarität auf, deren Ausgrabung sich gelohnt hat. Italo Montemezzis 1913 uraufgeführtes Verismo-Drama "L'amore dei tre re" entpuppt sich als hochpolitischer, feingesponnener Psychothriller von enormer Wirksamkeit - zumal in exzellenter Aufbereitung durch Farbenmagier Philippe Arlaud (Inszenierung, Bühnenbild, Lichtdesign) und Pultstar Vladimir Fedosejev.

Sein Verlag wollte diesen Italo Montemezzi eigentlich zu einem zweiten Puccini aufbauen. Doch zu sehr fehlte dem Komponisten, bei allem Melodienreichtum, das untrügliche Gespür für den Ohrwurm. Zu sehr auch war er, bei aller musikalischen Eigenständigkeit, eben doch nur ein Bindeglied zwischen den Stilen seiner Zeit. In "L'amore dei tre re" etwa begegnet man der konsequenten Leitmotivik Richard Wagners ebenso wie der opulenten Instrumentierung eines Richard Strauss' oder dem impressionistischen Klangzauber Claude Debussys.

Dennoch ist Montemezzi mit "Die Liebe der drei Könige" ein Wurf gelungen, der jahrzehntelang die Spielpläne der internationalen Opernhäuser beherrschte. Das Libretto dieses "italienischen Tristan" geht auf Sem Benellis mittelalterliche Liebesgeschichte vor dem aktualisierten Hintergrund des präfaschistischen Italien zurück. Im Mittelpunkt des dreifach letal endenden Dramas stehen politische Ränkespiele, Liebe, Haß und Eifersucht. Dazu entwickelt Philippe Arlaud mit Hilfe der Drehbühne eine ungemein intensive, sich ständig logisch weiterentwickelnde Dynamik der Bewegungen und Stimmungen. Ein turmartiges Schneckenhaus ist die Metapher für eine in ihren Konventionen gefangene Frau im Viereck zwischen Ehemann, Geliebtem und Schwiegervater. Eine geniale Lichtregie unterstreicht emotionale Konflikte durch kräftige Farbakzente, neben dem Auge wird in diesem Rausch der Sinne auch die Nase bedient mit Jasmin- und Weihrauchdüften.

Und natürlich das Ohr. Denn glühende Farben kommen auch aus dem Orchestergraben, wo Vladimir Fedosejev am Pult der geschmeidig aufspielenden Wiener Symphoniker eine sorgfältige Umsetzung der Partitur gelingt. Das Rollenprofil und die dichte Orchesterbesetzung verlangen nach großen Sängerpersönlichkeiten. Überzeugend vor allem Kurt Rydl als stimmgewaltiger alter König Archibaldo, Denia Mazzola-Gavazzeni als Fiora von lyrischer Innigkeit und dramatischer Attacke und Stephan Pyatnychko als Manfredo mit seinem warm aufblühenden Bariton. Marcus Haddock bewältigt als Avito seine mörderische Tenorpartie mit Anstand, die Chöre aus Moskau und Bregenz agieren ausdrucksvoll. Jubel im Festspielhaus für eine außerordentliche Produktion, die noch am 22., 26. und 29. Juli zu sehen ist.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung