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„Das Lied von den zwei Pferden“: Die mongolische Regisseurin Byambasuren Davaa setzt auch in ihrem dritten Langfilm der Heimat ein Denkmal.

Vielleicht hat es ja damit zu tun, dass Byambasuren Davaa ihr Filmstudium in München beendet hat: Im deutschen Sprachraum ist das jüngste Wissen um die Verhältnisse, genauer gesagt: um die Lebensumstände in der Mongolei mit Davaas zwei Langfilmen – „Die Geschichte vom weinenden Kamel“ (2003, Oscar-Nominierung als „Bester Dokumentarfilm“) und „Die Höhle des gelben Hundes“ (2005, Deutscher Filmpreis „Bester Kinder- und Jugendfilm“) – verbunden. Eine fremde Kultur, in der, bei der nomadischen Lebensweise angefangen, viele archaische Elemente überlebt haben heutig zu machen – das ist Davaa mit beiden Filmen gelungen. Auch wenn die Regisseurin ihren neuen Film „Das Lied von den zwei Pferden“ nicht als Teil einer Trilogie verstanden wissen will – ihre Fangemeinde wird ihn sicher auch mit diesem Attribut versehen. Denn zu sehr sind ihre beiden vorherigen Arbeiten mit dem nunmehrigen Opus verwoben.

Äußere und Innere Mongolei

Und doch kommt im „Lied von den zwei Pferden“ eine neue inhaltliche Dimension hinzu. Denn in den beiden Vorgängern hat Davaa das Leben im Steppenstaat Mongolei thematisiert, diesmal lenkt sie den Blick auch darauf, dass die Mongolen eine geteilte Nation sind: Was heute als „Mongolei“ firmiert, ist eigentlich nur der geografische Nordteil. Die Innere Mongolei dagegen steht als Teil von China seit Langem unter Fremdherrschaft, während die Äußere Mongolei bis 1989 zwar formal unabhängig war, aber einen Satelliten der Sowjetunion darstellte.

Doch anders als bei Ost- und Westdeutschland oder Nord- und Südkorea, ist die Teilung der Mongolei schon alt, sie datiert bald nach dem Niedergang des Reichs von Dschingis Khan. In der rotchinesischen Kulturrevolution wurde von Peking das ganze südliche Land der Umerziehung unterworfen, Tradition und Volks(lied)gut waren verboten, während dies im sowjetisch dominierten Norden lediglich zurückgedrängt war und seit 1989 wieder zum Vorschein kommt.

Diese Spannung zwischen den beiden „Mongoleien“ beschreibt der Film dadurch, dass die Sängerin Urna aus der Inneren Mongolei in den Norden reist: Denn in der Kulturrevolution wurde die Pferdekopfgeige ihrer Großmutter zerstört. Das mongolische Nationalinstrument, eine Art zweisaitiges Cello, ist weit mehr als Folklore. Urnas Großmutter konnte nur den Pferdekopfhals der Geige retten, das darauf eingravierte Lied „Die zwei Pferde des Dschingis Khan“ ging weitgehend verloren. Urna reist nun von der mongolischen Hauptstadt Ulanbaatar quer durchs Land – und wird bei einer alten Sängerin fündig.

„Das Lied von den zwei Pferden“ ist ein Doku-Drama: Die Sängerin Urna aus der Inneren Mongolei gehört tatsächlich zu den bekanntesten Stimmen des Volkes im Süden, die Geschichte rund um die zerstörte Pferdekopfgeige ist fiktional.

Realität in all der Fiktion

Doch hier hinein fließt genug „Realität“: Urna trifft in Ulanbaatar auf das nationale Musikensemble, dessen komplette Ausstattung 2008 bei Unruhen zerstört wurde. Ensemble und Instrumente werden wieder aufgebaut, doch stellt der Film hier ein „historisches“ Dokument dar. Regisseurin Davaa und das Filmteam verließen die Hauptstadt Hals über Kopf – und drehten in der Provinz weiter, die von den Unruhen nicht betroffen war.

Die Zwitterform zwischen Realität und Fiktion markiert auch die Schwachstellen des Filmes – im Gegensatz etwa zur fiktionalen „Höhle des gelben Hundes“: Ein volksbildnerischer Impetus, den fernen Kinobesucher mit der mongolischen Wirklichkeit vertraut zu machen, schimmert bisweilen überdeutlich durch, und das tränenreiche Ende liegt längst jenseits der Kitsch-Grenze.

Aber das wird durch die einmal mehr unnachahmliche Bildsprache von Byambasuren Davaa aufgewogen, die die Weite – grandios wie beklemmend – der Landschaft und die riesige Natur zur Geltung bringt. Und dazu die eindringliche Musiktechnik des Urtiin Duu, mongolische Lieder, die mit beinahe geschlossenem Mund gesungen werden.

Alles in allem ein weiteres Stück Mongolei, dem man sich im Kino aussetzen sollte.

Das Lied von den zwei Pferden

Mongolei 2009. Regie: Byambasuren Davaa.

Mit Urna Chahar-Tughi.

Verleih: Filmladen. OmU. 91 Min.

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