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Wohlbedachte Sowjethilfe

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Diese, für Asien einmalig rasche Industrialisierung konnte einzig und allein durch eine massive Sowjethilfe entstehen. Vorsichtige Moskauer Politruks bauten seit langem, vor den chinesisch-sowjetischen Zwistigkeiten, ein sicheres Bollwerk gegen Osten aus. Zu diesem Zweck eignet sich die Mongolei mit ihren riesigen Steppen und ihrer spärlichen Bevölkerungsdichte vorzüglich.

Seit den ersten sicheren Anzeichen einer sich gewaltig anbahnenden Feindschaft zwischen Peking und Moskau wurde die technische und finanzielle Hilfeleistung für die Mongolei noch mehr beschleunigt. Unter diesem Stern entstand auch Darchan.

Wer diese Stadt eigentlich gegründet hat? Nach der kommunistischen Machtergreifung (in Ulan-Bator spricht man offiziell von der „Volksrevolution“) wurde bei Darchan eine Station für Gespanntransporte sowjetischer Waren eingerichtet. Jedoch erst nach dem zweiten Weltkrieg entstand hier eine sogenannte „Neulandsowchose“. Die offizielle Stadtgründung, heute zählt sie immerhin bereits 25.000 Einwohner, erfolgte dann 1961. Die hier stationierten Sowjettechniker schlugen als Namen „Darchan“ („Schmied“) vor. Die gewollte Symboldeutung eines „Freundschaftsschmiedes“ ist nur schwer zu übersehen.

Auf dem Territorium der Mongolei würde Frankreich dreimal Platz finden. Die Bevölkerung zählt aber nur wenig mehr als eine Million. Berücksichtigt man, daß 250.000 Menschen in Ulan-Bator und weitere 100.000 in den anderen größeren Städten wohnen, so versteht man, wenn man stundenlang durch die Steppe fahren kann, ohne einem Menschen zu begegnen.

Die Mongolei, von der Sowjetunion auch auf internationaler Basis „mitgeschleppt“, unterhält immerhin mit 33 Staaten diplomatische Beziehungen, darunter mit England und Frankreich.

Mit dem Staat zugleich beging die KP des Landes (sie nennt sich „Mongolische Revolutionäre Volkspartei“) ihren 45. Geburtstag. In Urga — dem heutigen Ulan-Bator — bildeten sich damals zwei revolutionär-kommunistische Zirkel, die unter der Leitung von Tschoibalsan und Süche-Bator standen. Mit sowjetischer Unterstützung gelang es den mongolischen Kommunisten, einen erfolgreichen Widerstand gegen ihre chinesischen Lehnsherren zu organisieren. Die Araten (die eigentliche Bevölkerung der Mongolei) bildeten nur primitive Bauernstämme, die ihren chinesischen Feudalherrn auf Leben und Tod ausgeliefert waren.

Der zentralistisch gelenkte „Bauern- und Arbeiterkommunismus“ der Mongolei erreichte seinen bisherigen Höhepunkt auf dem XV. Parteitag im Sommer 1966. Zu den Hauptaufgaben der „Mongolischen Revolutionären Volkspartei“ gehört, laut ihrem Zentralorgan „Unen“: „Die Vollendung des sozialistischen Aufbaues, die rasche Entwicklung der sozialistischen Gesellschaft und vor allem die Sicherung eines hohen wirtschaftlichen Wachstums.“

Nach offiziellen Angaben wurde im dritten Plan Jahrfünft, das 1965 auslief, das Volumen der Industrieproduktion auf das l,6faohe erhöht. Diese und ähnliche Wirtschaftserfolge sagen nicht sehr viel, da der Lebensstandard der einheimischen Bauern, selbst nach asiatischen Verhältnissen, außerordentlich tief war. Die gewollte und mit allen Mitteln durchgepeitschte Industrialisierung des Landes dient nicht so sehr dem eigenen Volk, sondern vielmehr dem großen sowjetischen Bruder.

Die Mongolei ist das asiatische Bollwerk der Sowjetunion. In dem territorialen und ideologischen Kampf zwischen den beiden roten Giganten erfüllt die Partei- und Regierungsleitung in Ulan-Bator die Rolle eines treuen Vasallen.

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