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Kanalisierte Volkswut

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REICHSKRISTALLNACHT. 9. November 1938 in Österreich. Von Herbert Rosenkranz. Europa-Verlag, Wien-Frankfurt-Zürich 1968. 72 Seiten. S 22.—.

Der Verfasser untersucht in der vorliegenden Dokumentation die Vorbereitung und Durchführung der Reichskristallnacht auf österreichischem Gebiet und hellt somit ein bisher wenig bekanntes Ereignis auf. Die nüchterne Zusammenfassung bringt sehr deutlich die Regie bei der Veranstaltung einer „spontanen Volkswut“ zum Ausdruck und läßt in der brutalen Existenzvernichtung schon das Ende durch die unfaßbare „Endlösung“ erkennen. Deutlich wird aber auch, daß es zu keiner geschlossenen Unterstützung kam, es gab neben passiver Resistenz auch offene Ablehnung des Progroms.

Leider ist die durch eine Reihe von schwer erreichbaren Dokumenten so wertvolle Arbeit nicht frei von Schlampigkeiten. Ausdrücke wie „Nazipraktiken“ (S. 11), „Seelenergüsse“ (S. 59), „Die Gauleiter... stürzen an die Telephone“ (S. 29) und anderes mehr wirken nur störend in ihrem polemischen Akzent. Verwaschene Angaben wie „Österreichs Naziführung“ (S. 27) sind besonders in dem gegebenen Zusammenhang unangebracht, da der davor apostrophierte Fischböck wirklich kein Mitglied der „Nazirührung“ war. Manche nebenher aufgestellten Behauptungen von großer Tragweite wie zum Beispiel, daß Goebbels die Idee des Pogroms und die Art der Organisierung aus Wien bezog (S. 23), sind nicht weiter belegt. Trotz dieser Einwände ist die Arbeit aber dennoch wichtig.

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