Tödlicher Kampf um die Macht

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Claus Peymann inszenierte im Kasino am Schwarzenbergplatz Marlowes "Edward II."

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Claus Peymann inszenierte im Kasino am Schwarzenbergplatz Marlowes "Edward II."

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Ein Herrscher frönt unverhohlen seiner homosexuellen Neigung, vergißt darob seine Pflichten und löst damit einen tödlichen Kampf um die Macht aus. In "Edward II." stellt Christopher Marlowe nicht nur eine Historie, sondern darin auch blutvolle, sich entwickelnde Charaktere auf die Bühne. Nicht ganz, aber fast ein Shakespeare.

Die dritte Spielstätte des Burgtheaters, der frisch renovierte Kasino-Saal am Wiener Schwarzenbergplatz, liefert den prächtigen Rahmen für das turbulente Geschehen. Die Mitte eines rhombusförmigen Gevierts (Bühne: Karl Ernst Herrmann) wird am Ende zur Kloake, in der König Edward elend zugrundegeht.

Marlowe, dem man selbst Atheismus und Homosexualität nachsagte, erweist sich wie im berühmteren "Doktor Faustus" auch hier letztlich als Moralist: Nach der Reihe fallen die Mächtigen ihrer Hybris zum Opfer: zuerst Gaveston, der Geliebte des Königs; dann dessen Mörder, die rebellierenden Adeligen; der König und seine neuen Günstlinge; und schließlich auch der Usurpator Mortimer, dem sich die von Edward verschmähte Königin Isabella zugewandt hat. Nahe geht vor allem der Tod von Edwards Bruder Edmund, der zwar die Fronten wechselt, aber seinem Gewissen treu bleibt. Ein halbes Kind, Edward III., überlebt und läßt auf einen Neubeginn hoffen.

Regisseur Claus Peymann greift zu nicht immer neuen, aber einprägsamen Theatereffekten. Da tanzt der König mit seinem Gaveston zum Walzer "Wiener Blut", da liefern einander Totenmasken mit Trommeln und Fahnen die Schlachtszenen, da gackern die Höflinge fast blasphemisch zur Krönung des Prinzen Händels "Halleluja", da spritzt kotiges Wasser auf den nackten König in seinem Verlies. Aber der Elan der Inszenierung erlahmt zeitweise.

Aus dem durchwegs erstklassigen Ensemble ragen Thomas Thieme (Edward II.), Johannes Krisch (Gaveston), Andrea Clausen (Isabella), Nicholas Ofczarek (Mortimer junior), Markus Hering (Edmund, Graf von Kent), Johann Adam Oest (Lightborn) und der junge Ludwig Blochberger (Prinz Edward) heraus.

Doch viele werden diesen "Edward II." nicht zu sehen bekommen. Die Spielstätte und deren Nutzung macht diese Produktion einerseits besonders interessant, bietet aber anderseits nur wenig Publikum Platz. Diesen Luxus kann sich wohl nur ein gut subventioniertes Staatstheater leisten.

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