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Komödie Erika Mitterers auf der Freien Bühne Wieden.

Wofür halten Sie mich? - Erika Mitterers einzige Komödie ist zur Zeit an der Freien Bühne Wieden zu sehen. Intendant Gerald Szyszkowitz hat sich in den letzten Jahren um Aufführungen der heute selten gespielten Autorin verdient gemacht und zeigt nun das vierte Stück.

Mitterer (1906-2001) begann ihre Karriere als Lyrikerin und war der Furche über lange Zeit verbunden. Den Großteil ihrer Dramen verfasste sie in den Fünfzigerjahren, viele davon als Reaktion auf das NS-Regime. Mitterers literarische Stärke liegt in der Figurenpsychologie, wobei sie sich auf die Auswirkungen des Krieges im Mikrokosmos der Familie konzentriert (Verdunkelung). Auch das Lustspiel Wofür halten sie mich ist atmosphärisch eindeutig ein Nachkriegs-Stück. Mitterer hat diese Screwball-Comedy 1957 als Zeitbild über die Ängste und Hoffnungen einer Gesellschaft verfasst, in der vor allem die Frauen realistisch ihr Leben führen. Sie befinden sich keineswegs auf der Suche nach dem Märchenprinzen (auch wenn sie im Laufe des Stückes einen Partner finden sollen), sondern behaupten alleinverantwortlich und durchaus eigenwillig ihre Unabhängigkeit. Die Mitterer'schen Nachkriegsfrauen haben zwar die Fäden in der Hand, aber das Glück bleibt meist Objekt der Sehnsucht.

Da ist die Gymnasiallehrerin Franziska (Michaela Ehrenreich), die sich während der Schwangerschaft von ihrem Mann, einem vermeintlichen Hallodri, trennt. Nicht zufällig heißt dieser Alfred Biedermann (Gerhard Rühmkorf), ein gutmütiger, aber notorischer Spieler, den die Begegnung mit seiner mittlerweile achtzehnjährigen Tochter Sylvia (Sandra Högl) emotional überfordert. Sylvia wird eine akademische Laufbahn wählen, das steht fest, auch wenn sie am Ende ihren Verehrer Wacker (Klaus Haberl) heiratet. Und auch dieser - mit sprechendem Namen ausgestattete Charakter - ist alles andere als ein Held, sondern ein kriegsversehrter Chemiker, mutlos und ohne Erfolg.

Mitterers Trümmerfrauen suchen ihr Glück, obgleich und gerade weil sie sich der Brüchigkeit dieses Zustandes bewusst sind: Kurzweil (Marcus Strahl) heißt daher auch Franziskas Eroberung, ein Filou, der im Kasino auf die Chancen hofft, die ihm das Leben nicht bietet.

Szyszkowitz hat - klugerweise ganz ohne Aktualisierungsversuche - eine spritzige Komödie inszeniert und die Atmosphäre betont. Die Kostüme könnten aus "Charleys Tante" stammen, liebevoll gebaute Verwechslungsszenen machen die Boulevardeske spannend. Als Nostalgie-Komödie funktioniert Mitterers Stück recht gut, und manchmal gelingt auch ein feministisches Augenzwinkern in die Gegenwart: Frauen wie Franziska, die die Kindererziehung lieber allein auf sich nehmen, anstatt sich vom einem unzuverlässigen Partner abhängig zu machen, sind keine Erscheinung der Fünfzigerjahre.

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