Über Tirol nach Wien

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Baumeister Richard Lugner erwägt (gemeinsam mit seiner Frau Christine), bei den Tiroler Landtagswahlen im Frühjahr nächsten Jahres mit einer eigenen Partei um die Wählergunst zu werben. Tirol als Probegalopp für die Nationalratswahlen? Alle Analysen bestätigen, daß Lugner seine Stimmen bei der Bundespräsidentenwahl aus der Arbeiterschaft und dem Reservoir der Protestwähler schöpfte, somit in Haiders Teichen fischte. Dies war aber in diesem Ausmaß nur deshalb möglich, weil die FPÖ keinen eigenen Kandidaten ins Rennen schickte. Auch in seinen Aussagen ist er Haider ähnlich. Er redete den Leuten nach dem Mund: gegen die Mißwirtschaft und die Verschwendungssucht "von denen da oben". Er, der sich aus eigener Kraft emporgearbeitet hatte, wäre nie ein Erfüllungsgehilfe der politischen Funktionärsclique jedweder Färbung.

Reicht dieses "Programm" auch für Landtags- und Nationalratswahlen? Sieht man auf Haiders Erfolge, müßte man mit Ja antworten. Allerdings: Haider und Lugner haben dieselbe Klientel - vorwiegend Menschen mit geringerer Bildung und vor allem Protestwähler. Dieses Feld stecken die Meinungsforscher mit 20 bis 25 Prozent ab.

Was heißt das für Tirol? Bei den letzten Landtagswahlen 1994 erreichte die FPÖ eher magere 16,1 Prozent, Lugner bei der Bundespräsidentenwahl 12,8 Prozent. Geht man nun davon aus, daß auch in Tirol der Protestwähleranteil bei 20 Prozent liegt - er dürfte nämlich in den letzten Jahren auf Grund mäßiger Leistungen der ÖVP, zu der sich aber die anderen Regierungsparteien kaum als Alternative profilieren konnten, gestiegen sein -, werden jene recht haben, die Lugner im Fall einer eigenen Partei nur einige wenige Prozentpunkte zutrauen und den Löwenanteil der FPÖ zugestehen. Die FPÖ verfügt nämlich über etwas, was den Lugners fehlt beziehungsweise was diese erst mit viel Geld und Zeit aufbauen müßten: eine effiziente Organisation. In jedem Fall aber würde Lugner der FPÖ Stimmen abnehmen. Daß dies den etablierten Parteien nicht gelingt, zeigen die Wahlergebnisse bereits seit Jahren.

Der Autor war von 1994 bis 1997 Chefredakteur der Wochenzeitung "präsent".

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