Verkanntes Meisterwerk

Zusammen mit den Filmspulen erhielten die Filmvorführer ein Foto, damit sie die entsprechenden Bilder nicht zum Eigengebrauch aus dem Film herausschnitten: Mit der ersten Nacktszene der Filmgeschichte machte "Ekstase" ab 1933 Furore. Dass die tschechoslowakisch-österreichische Produktion jedoch darüber hinaus ein filmisches Meisterwerk darstellt, verdeutlicht die vierte "Edition Film und Text" des Filmarchivs Austria. Im Textband erfolgt erstmalig eine tiefer greifende filmwissenschaftliche Untersuchung des Klassikers, das Video zeigt eine auf Basis neu entdeckter Materialien rekonstruierte Fassung in relativ guter Qualität.

"Ekstase" gilt als eine der meist zensurierten Arbeiten der Filmgeschichte. Dabei wurde der bare Busen der Wienerin Hedy Kiesler, die später als Hedy Lamarr in Hollywood Karriere machte, mindestens ebenso beanstandet wie die "unmoralische" Geschichte: Eine sexuell frustrierte Frau namens Eva verlässt ihren lieblosen Ehemann und nimmt sich einen Liebhaber namens Adam. Nach dem Selbstmord ihres Mannes lässt sie auch den Lover sitzen, der zumindest äußerlich immer mehr dem Gatten annähert. Zahlreiche Symbole und Metaphern aus dem Bereich der Natur verweisen unverhohlen auf Sex (Tau tropft von einer Blüte auf eine andere ... ), der lustvolle Gesichtsausdruck Evas lässt keine Zweifel offen, worum es geht. Das alles erzählt Regisseur Gustav Machaty in der perfektionerten Bildsprache des Stummfilms - in "Ekstase" wird kaum gesprochen - und Kameramann Jan Stallich mit brillanter Lichtführung und ungewöhnlichen Perspektiven.

Die deutschsprachige Erstveröffentlichung eines Textes von Henry Miller über diesen Höhepunkt des frühen Tonfilms komplettiert den über 500 Seiten starken Band.

Ekstase Herausgegeben von Armin Loacker Edition Film und Text, Filmarchiv Austria, Wien 2001 Buch und Video: öS 398.-/e 28,92