Verschwendung edler Zutaten

19451960198020002020

Trotz großer Tänzer ist Renato Zanellas Mozart-Ballett "Wolfgang Amade" ein Reinfall.

19451960198020002020

Trotz großer Tänzer ist Renato Zanellas Mozart-Ballett "Wolfgang Amade" ein Reinfall.

Werbung
Werbung
Werbung

Mozartkugeln sind nicht nur ein beliebtes - weil das Klischee voll ausschöpfendes - Mitbringsel von Österreich-Touristen, sondern auch eine wirklich schmackhafte Sache: Hinter der golden glitzernden Hülle verbirgt sich feinste Confiserie, die eine wahre Gaumenfreude ist. Mit dem Ballett "Wolfgang Amade" hat Choreograph Renato Zanella versucht, ein getanztes Pendant zur Mozartkugel auf die Bühne der Wiener Staatsoper zu bringen: Doch was da in einem wunderschönen Bühnenbild und gelungenen Kostümen (Jordi Roig) zu einem Potpourri von Mozart-Hits kredenzt wird, ist fade Diätkost, die edle Zutaten sträflich vergeudet: Die Talente zweier hervorragender Tänzer verkümmern in einer langweiligen, ideenlosen Aufführung ohne nennenswerte Akzente, in der noch dazu Mozarts Musik in erschreckend liebloser Manier abgespult wird.

Den dramatischen Konflikt zwischen Mozart und dem etablierten Hofkapellmeister Antonio Salieri hat man in Milos Formans "Amadeus"-Film so schon einmal gesehen - was nicht weiter schlimm wäre. Doch in der Staatsoper wird über weite Strecken nicht aufregender Tanz geboten, sondern einschläfernde Pantomime. Alle Figuren außer Mozart und Salieri sind nicht mehr als bessere Statisten, die ein paar zögerliche Schritte ausführen dürfen. Nur selten kann der große Vladimir Malakhov als Mozart sein wahres Können zeigen und mit unnachahmlicher Eleganz und Geschmeidigkeit fast schwerelos über die Bühne gleiten. Doch der Figur ergeht es wie ihrem Pendant in "Amadeus": Sein Gegenspieler ist für den Zuseher weitaus interessanter: Nicolas Musin gibt einen ungemein expressiven, mitreißenden Salieri, der seltsamerweise um einiges moderner wirkt, als sein Konkurrent. (War nicht Salieri der Traditionalist und Mozart der Erneuerer?) Tänzerischer Höhepunkt ist ein bravouröser Pas de deux von Malakhov und Musin zum ersten Satz der Symphonie Nr. 25 g-Moll gleich nach der Pause. Doch der rettet den Abend nicht.

Zanella hat seiner Arbeit offenbar selbst mißtraut: Mit "Vorrei spiegarvi, oh Dio" und der zweiten Arie der Königin der Nacht aus der "Zauberflöte" fettet er das magere Menü mit zwei Gesangsstücken auf. Doch leider hat Solistin Yelda Kodalli, zumindest beim erstgenannten Stück, enorme Probleme mit den Höhen. Daß das Staatsopernorchester unter Kevin Rhodes spielt wie ein Militärorchester - Noten nach Vorschrift -, macht den Reinfall komplett.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung