Museumsquartier: Nicht nur ein Ort für, sondern selbst Kunst.
Man muss das zweisprachige Buch "Museumsquartier Wien - Die Architektur/The Architecture" lesen, die Kapitel über die Vor- und Planungsgeschichte, um zu erfassen, mit welchem Wunder wir es zu tun haben. Die Geschichte des Projekts ist eine Kette jener Hürden, an denen moderne Planung in Wien zu scheitern pflegt. Und der Entwurf von Ortner & Ortner ist einer jener Sorte, die in Wien eigentlich nicht verwirklicht werden darf, schon gar nicht von der öffentlichen Hand.
Das Ergebnis ist nicht frei von Kompromissen. Mit einer Ausnahme sind sie von der Sorte, die selten schadet: Während beim Basaltblock des Mumok die Architekten ihre Vorstellungen, wie Kunst präsentiert gehört, verwirklichten, setzte Rudolf Leopold seine Forderung nach reichlich Tageslicht durch. Der Leseturm freilich wurde nicht gebaut. Vorerst. Die Idee lebt weiter und der nötige Platz blieb frei. Diskutabel bleibt die Senkung der Bauhöhen durch Auslagerung von Funktionen in den alten Baubestand. Der Eindruck bleibt: Wenn Wien Modernität wagt, sollen wenigstens ihre Zeichen nicht auffallen.
Das Buch enthält so viel kaum bekanntes historisches Material, dass es auch als Viennensium ein Muss ist. Konservative und selbst Kunstreaktionäre, die es zur Hand nehmen, werden hoffentlich auch die Gedankengänge der Autoren auf sich wirken lassen. Und ein bisschen von dem mitbekommen, was Architektur heute wie zu jeder Zeit ausmacht. Friedrich Achleitner zum Beispiel mag ihnen die Augen dafür öffnen, wieviele der klassischen Grundsätze der Stadtplanung hier berücksichtigt wurden. Das Museumsquartier steht nicht nur für modernes Bauen, sondern auch am rechten Ort und in den richtigen Achsen und historischen Bezügen. H.B.b
MuseumsQuartier Wien. Die Architektur/The Architecture. Matthias Boeckl (ed.) und zahlreiche Autoren. Springer Verlag, Wien 2001. 144 Seiten, viele Bilder, kt., öS 398,-/e 28,90
