Vom Regiestar zum Lehrmeister

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Christian Pöppelreiter erntet mit seiner Arbeit an der Musikhochschule Graz nichts als Beifall.

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Christian Pöppelreiter erntet mit seiner Arbeit an der Musikhochschule Graz nichts als Beifall.

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Im vergangenen Juni gab die Opernklasse der Grazer Musikhochschule ein bejubeltes Gastspiel in der Oper von Sarajevo. Es war mehr als die Aufführung von Mozarts "Zauberflöte", es war eine Botschaft der Hoffnung aus Österreich.

Regisseur dieser Aufführung war Christian Pöppelreiter. Sein Weg führte aus Dresden über Berlin nach Graz. Er betrachtet seine sächsische Heimatstadt als seine kulturelle Wurzel: "Schütz, Bach, Strauss, sie alle wirkten in Dresden und prägten dort das musikalische Klima." Bald zog es den ehemaligen Sängerknaben Pöppelreiter nach Berlin, wo Felsenstein sein bis heute verehrter Lehrer wurde. Bis 1990 wirkte er als Regisseur an der Deutschen Staatsoper Unter den Linden, doch schon 1980 lernte er die Theaterstadt Graz kennen. Er inszenierte für den Steirischen Herbst die "Wölfli-Szenen" und fühlte sich am Grazer Opernhaus unter Intendant Nemeth überaus wohl.

Dann kam das Angebot, Wagners "Ring" zu inszenieren. Um es vorweg zu nehmen, es wurde eine Großtat, erregte Aufsehen im In- und Ausland, wurde vom ORF verfilmt, verschwand aber mit der neuen Intendanz. "Damals fragte mich der Rektor der Grazer Musikhochschule, ob ich die neu geschaffene Klasse für Operndramatik übernehmen wolle. Die Arbeit mit jungen Leuten hat mich immer schon fasziniert, und so einigten wir uns auf eine Art Probezeit. 1988 wurde daraus eine ordentliche Professur."

Da aber kamen unerwartete Widerstände. Eine solche Professur ist mit der österreichischen Staatsbürgerschaft verbunden, was die DDR-Behörden nicht akzeptieren wollten. Pöppelreiter wurde beschimpft und sogar mit Gefängnis bedroht. Doch ein Besuch Bundeskanzler Franz Vranitzkys in Berlin brachte die Lösung: Man wollte die Beziehungen zu Österreich nicht gefährden und gratulierte Pöppelreiter zu seinem neuen Amt. In Graz inszenierte er unter anderem im Landhaushof einen unvergessenen Monteverdi-"Orfeo" und eine zum Teil heftig abgelehnte "Pique Dame".

Im kleinen Theater der Musikhochschule aber erntete er nichts als Beifall: "Die jungen Leute sind geradezu besessen von ihrer Arbeit. Aber man muß mit ihnen doch anders arbeiten als mit fertigen Sängern. Sie sollen schließlich ihr Handwerk lernen, die Bewegung im Raum, die Zusammenarbeit mit anderen Sängern und mit dem Orchester, natürlich auch den Einsatz ihrer Körpersprache und Mimik." Kein Wunder, daß so manche junge Sopranistin, manch aufstrebender Tenor noch mit Dankbarkeit an seine Lehrjahre bei Christian Pöppelreiter zurückdenkt.

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