Wann wird Werbung sexistisch?

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Normalerweise ist der Österreichische Werberat ein eher zurückhaltendes Gremium. 308 Beschwerden sind etwa im Jahr 2016 beim Selbstkontrollorgan der heimischen Werbewirtschaft eingegangen (die meisten zum Thema "Geschlechterdiskriminierung"), und nur elf Mal forderte man einen sofortigen Stopp der betreffenden Kampagne oder einen Wechsel des Sujets.

Dieser Tage wurde freilich wieder zu dieser schärfsten Maßnahme gegriffen -als Reaktion auf einen heftig umstrittenen Werbespot der Arbeiterkammer Oberösterreich. Unternehmer werden darin nicht nur als gnadenlose Ausbeuter gezeichnet, sondern auch als Männer, die (schwangeren) Frauen Geld ins Dekolleté stecken. Für die Mehrheit der 212 Werberäte eine Diskriminierung einer ganzen Berufsgruppe, da "Dominanzgebaren als 'normal' gegenüber Mitarbeiterinnen suggeriert" werde. Zudem würde der Spot selbst "gegenüber Frauen eine Herabwürdigung" beinhalten. "Uns da jetzt Sexismus vorzuwerfen, das grenzt an Böswilligkeit", empörte sich indes AK-Präsident Johann Kalliauer über den Werberat. Schließlich wolle man mit dem "stark überzeichneten" Video ja gerade sexistisches Verhalten am Arbeitsplatz kritisieren. Und Satire dürfe laut Kurt Tucholsky alles.

"Osterhöschen" und kein Ende

Der Werberat sieht das freilich anders. Wo für ihn die Grenzen liegen, hat er auch im Falle jenes Bildes demonstriert, das Mitte April unter dem Slogan "Unsere Osterhöschen" vom Wäsche-Hersteller Palmers auf Facebook gepostet wurde und für heftige Debatten sorgte. Die sechs abgebildeten Models, die bäuchlings und nur mit Slips bekleidet auf einem (erdigen) Teppich liegen, würden "in einer sexualisierten und entwürdigenden Weise dargestellt werden, an Minderjährige erinnern und rein als Blickfang dienen", hieß es. "Obwohl prinzipiell ein Produktzusammenhang gegeben ist, spielt das Sujet mit Konnotationen, die auch bei Unterwäschewerbung nicht zulässig sind." Puls 4-Infochefin Corinna Milborn fühlte sich konkret an die Ästhetik von Mädchenhändlern erinnert, worauf Base-Jumper und enfant terrible Felix Baumgartner eine Auslassung über ihre "Figur" ins Netz stellte. Ob und wo die beiden nun -wie von Milborn vorgeschlagen -über Baumgartners Frauenbild diskutieren, ist offen.

Ein mediales Frauenbild abseits von Sexismen und Klischees fordern indes die Initiatorinnen des neuen "Frauenvolksbegehrens 2.0" (siehe Foto von der Pressekonferenz). Unter dem Motto "Wertgeschätzt statt plakatiert" verlangen sie freilich nicht nur ein "Verbot sexualisierter Werbung ohne Produktbezug" - sondern auch eines "von Produkten, Werbeinhalten und Marketingstrategien, die Mädchen oder Buben eine limitierende Geschlechterrolle zuweisen". Sollen Cowboy-Kostüme oder "Lego Friends"-Tierkliniken künftig verboten werden? Der Grat zwischen gut, gut gemeint und bizarr bleibt schmal in der Sexismus-Debatte.

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